Warum Schwellenländeranleihen aktuell attraktiv sind und wie man dort am besten investiert
Die langfristigen Perspektiven von Emerging-Market-Debt sind gut. Doch sind die Schwellenländer keine homogene Anlageklasse. Insbesondere ein strikter Nachhaltigkeitsansatz sind neben einer genauen Fundamentalanalyse für den Anlageerfolg entscheidend.
Die Vielzahl der Faktoren, die derzeit die Kapitalmärkte belasten, war wohl selten so hoch. Neben dem anhaltenden Krieg in der Ukraine zählen dazu die Unterbrechungen in den Lieferketten in Folge der Null-Covid-Politik in China, die anhaltend hohe Inflation und die Unsicherheiten, die mit der Zinswende verbunden sind. Dazu kommt das Risiko einer Rezession. Was also sollen Investoren tun? Eine interessante Möglichkeit zum Einstieg könnten derzeit Staatsanleihen aus den Emerging Markets sein.
Zum einen erscheinen die wirtschaftlichen Fundamentaldaten recht gut. Laut dem World Economic Outlook des Internationalen Währungsfonds vom April 2022 sollen diese in diesem und im kommenden Jahr um 3,8 und 4,4 Prozent wachsen. In den entwickelten Ländern wird nur ein Plus von 3,4 und 2,4 Prozent erwartet. Dazu kommt, dass viele Emerging Markets im aktuellen Zinszyklus ihre Leitzinsen bereits im vergangenen Jahr erhöht haben und damit schneller waren als die Industriestaaten.
Staatsanleihen aus den Schwellenländern weisen deshalb zum Teil wieder recht attraktive Renditeaufschläge gegenüber den Staatsanleihen der Industrieländer bieten. Konkret liegt die reale Renditedifferenz inzwischen wieder bei über zwei Prozent. Dazu kommt der langfristige Ausblick: Laut der Analyse „The World in 2050“ von der Unternehmensberatung PwC zum Beispiel sollen bis 2030 sechs der zehn größten Volkswirtschaften der Welt aus den Emerging Markets kommen.
Rohstoffimporteure vs. -exporteure
So überzeugend dies klingen mag, Emerging Markets sind auf der anderen Seite längst keine homogene Anlageklasse. Das zeigt sich zum Beispiel an der Aufteilung zwischen jenen Ländern, die per Saldo auf Rohstoffimporte angewiesen sind, und denen, die vom Export von Rohstoffen leben. Denn in Folge des Krieges in der Ukraine gehen die Notierungen vieler Rohstoffe derzeit förmlich durch die Decke. So sind die Ukraine und Russland zusammen für über 20 Prozent der weltweiten Exporte bei Weizen und Düngemitteln verantwortlich. Aber auch bei Öl, Kohle oder Nickel machen sie einen erheblichen Teil aus. Doch infolge des Krieges fallen deren Lieferungen zum Teil aus, was die Preise nach oben treibt.
Während Rohstoffexporteure davon profitieren, leiden jene Länder, die auf Rohstoffimporte dringend angewiesen sind. Weil beispielsweise kein Sonnenblumenöl mehr aus der Ukraine nach Indonesien geliefert wurde, kam es dort zu Unruhen, was wiederum dazu führte, dass die Regierung einen Exportstopp für Palmöl verhängte. Der Inselstaat macht rund ein Drittel der weltweiten Exporte aus. Besonders betroffen davon wiederum ist Indien, wo es in der Folge ebenfalls zu sozialen Problemen kam. Dagegen könnte Malaysia, als zweitgrößter Exporteur von Palmöl weltweit, von dieser Situation profitieren.
Dabei zeigt sich, dass der derzeitige massive Anstieg der Lebensmittelpreise gerade für Länder mit schwachen sozialen Strukturen eine starke Bedrohung darstellt. Dies ist ein Grund, warum es neben der klassischen Fundamentanalyse so wichtig ist, auch einen Nachhaltigkeitsansatz bei der Auswahl der investierbaren Länder anzuwenden. Besonders deutlich zeigte sich die Bedeutung eines solchen Ansatzes aber zuletzt im Fall Russlands. Das Land hatte vor Beginn des Krieges eine niedrige Verschuldung, verfügte über Gold- und Währungsreserven und war von den drei großen Ratingagenturen zwischen 2016 und 2019 in den Investment-Grade-Bereich hochgestuft worden.
Nachhaltigkeitsanalyse im Herzen des Anlageprozesses
Doch mit dem 24. Februar dieses Jahres war das alles nicht mehr entscheidend. An diesem Tag marschierte die russische Armee in der Ukraine ein und es folgten massive Sanktionen der westlichen Staaten, Russland wurde von den internationalen Kapitalmärkten abgeschnitten, die Ratingagenturen stuften die Bonität des Landes immer weiter herunter und die Kurse russischer Anleihen brachen ein. Das Beispiel macht deutlich, wie wichtig es ist, nicht nur auf die Finanzkennzahlen eines Schuldners zu achten, sondern sehr viel tiefer zu blicken. Schließlich kann mangelnde Nachhaltigkeit, wie das Beispiel Russlands zeigt, zu erheblichen Wertverlusten führen.
Beim DPAM L Emerging Markets Sustainable wurde deshalb eine tiefgreifende Nachhaltigkeitsanalyse im Herzen des Anlageprozesses implementiert. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob ein Land in der Lage ist, die Bedürfnisse der heutigen Generation zu erfüllen, ohne die Fähigkeit künftiger Generationen zu gefährden, ihren eigenen Bedürfnissen nachzukommen. Dafür wird jedes einzelne Land anhand von fünf Dimensionen bewertet: Transparenz und demokratische Werte, Gesundheit der Bevölkerung und Vermögensverteilung, Umwelt, was beispielsweise den CO2-Fußabdruck eines Landes beinhaltet, Bildung und Innovationen sowie wirtschaftliche Faktoren.
Dabei nimmt das Thema Demokratie und Transparenz eine zentrale Stellung ein. Mit anderen Worten: Egal, wie gut oder schlecht ein Landes hinsichtlich der ESG-Kriterien abschneidet, wenn es nicht demokratisch ist, spielt dies keine Rolle. Bei einem autoritären Regime ist es wenig wahrscheinlich, dass es garantieren kann, dass künftige Generationen in der Lage sind, ihre Bedürfnisse zu erfüllen. Als Grundlage dafür dient die Einschätzung der Nicht-Regierungsorganisation Freedom House, deren Ziel die Förderung aller liberalen Demokratien weltweit ist. Länder, die von Freedom House als „nicht frei“ eingestuft und zusätzlich im Demokratie-Index des Economists als „autoritär“ bestätigt werden, sind deshalb vom investierbaren Universum des Fonds ausgeschlossen.
Ausschluss Russlands
Auf dieser Grundlage war der Fonds auch vor Beginn des Ukraine-Krieges nicht in russischen Anleihen investiert. Ebenfalls ausgeschlossen sind derzeit unter anderem Ägypten, Irak, Jordanien, Kasachstan, Oman, Katar, Saudi-Arabien, Venezuela und Weißrussland. Von den verbleibenden Ländern wird nun mit Hilfe von 55 objektiven Kriterien ein Ranking erstellt. Die Grundlage dafür bilden aktuelle und objektive Daten von unabhängigen Institutionen wie der Weltgesundheitsorganisation WHO, der Weltbank oder den Vereinten Nationen. Mindestens 40 Prozent des Portfolios müssen dann aus dem obersten Quartil dieses Rankings stammen, aus dem untersten Quartil dürfen es maximal zehn Prozent sein.
Allein eine hohe Nachhaltigkeit reicht aber nicht, um sich für das Portfolio zu qualifizieren. Daneben ist auch die traditionelle Fundamentalanalyse von Bedeutung. Schließlich sind die Emerging Markets auch im Hinblick auf ihre rein ökonomische Entwicklung keineswegs homogen. Bei der Fundamentalanalyse liegt der Fokus deshalb unter anderem auf der wirtschaftlichen Entwicklung, der politischen Stabilität und der Zinspolitik. Zudem wird dabei eine umfassende Risikobewertung vorgenommen. Auf Basis dieser Untersuchung werden zum Beispiel politische instabile Länder mit hoher makroökonomischer Anfälligkeit gemieden.
Risikoreduzierung durch breite Diversifikation
Wie wichtig eine tiefgreifende Fundamentalanalyse der Staaten ist, zeigt sich zum Beispiel an der Wertentwicklung der einzelnen Lokalwährungsindizes im vergangenen Jahr. Während türkische Lokalwährungsanleihen auf Indexebene um mehr als 40 Prozent einbrachen, brachten Indonesien oder Indien zweistellige Zuwächse. Ergänzt wird dies durch eine gründliche Bottom-up-Analyse der einzelnen Staatsanleihen. Dabei spielen neben deren Bewertung auch der Marktzugang, die Marktliquidität sowie die steuerlichen und rechtlichen Gegebenheiten eines Landes eine wichtige Rolle.
Der letzte wichtige Punkt ist schließlich die Portfoliokonstruktion. Dabei geht es darum, ein gut diversifiziertes Portfolio aus Staatsanleihen, die eine hohe Qualität und langfristiges Potenzial für hohe Erträge bieten, aufzubauen. Insgesamt kann das Management des DPAM L Emerging Markets Sustainable maximal 30 Prozent Staatsanleihen in Hartwährungen beimischen, in der Regel sind es aber nicht mehr als zehn Prozent.
Den weit überwiegenden Teil machen Lokalwährungsanleihen aus, deren Markt auch weitaus größer ist als der der Hartwährungsanleihen. Da die Währungen der einzelnen Länder zum Teil nur in geringem Maße oder sogar negativ miteinander korrelieren, kann eine breite Diversifikation helfen, die Risiken, die aus der Währungsentwicklung entstehen, zu reduzieren. Und schließlich ist die maximale Gewichtung eines Landes bei dem Fonds auf zehn Prozent beschränkt, was ebenfalls zur Risikominderung beiträgt.
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Axel Ullmann
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