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Auch dazu zunächst ein Blick in die Historie: Bereits 1990 erkannte der französische Mathematiker Louis Bachelier an der Pariser Universität Sorbonne, dass die Chancen, den Markt zu schlagen, den Chancen eines Münzwurfs gleichen – nämlich 50 Prozent. Vielleicht auch wegen seiner Aussage, wonach die Kursbewegungen an den Börsen „so willkürlich wie der Schlingerkurs eines Besoffenen“ seien, wurden seine mathematischen Erkenntnisse damals eher belächelt. Große Ökonomen wie etwa Harry M. Markowitz griffen diesen Ge- danken jedoch auf. Nicht die Maximierung der Rendite soll- te beim Anleger im Vordergrund stehen, sondern durch eine breite Anlagestreuung die Reduktion des Verlustrisikos (siehe Abb. 2). Dass er mit seiner Portfoliotheorie den Nobelpreis zu- gesprochen bekam, ist hinlänglich bekannt. Und auch William Sharpe belegte den Vorteil einer breiten Streuung im Portfo- lio. Damit war die Idee passiver, breit gestreuter Investments geboren. Argument für aktives Investieren Dennoch ist das alles kein Argument gegen aktive Fonds. Ers- tens: Ob ein Fonds seine Benchmark schlägt, hängt auch vom Betrachtungszeitraum ab. Je nachdem, wie die Marktsituation ist, können aktive Fonds durchaus einen Mehrwert liefern. Das zeigen zahlreiche Untersuchungen. Zweitens: Ein langer Anla- gehorizont spricht tatsächlich für ein Engagement in einen ETF. Aber auch hier liefert der Blick auf die Realität interessante Er- kenntnisse. Lange Anlagehorizonte in einem einzelnen Fonds sind heutzutage eher die Ausnahme. Anleger und Portfolio- manager rotieren stärker auf der Produktebene als noch vor 20 oder 30 Jahren. Und in ebendiesen kürzeren Zeiträumen können aktive Fondsmanager sehr häufig ein Alpha liefern. Drittens: ETFs sind zwar kostengünstiger als aktiv gemanagte Fonds. Es muss jedoch beachtet werden, dass dafür von vorn- herein auch die Chance auf ein Alpha eliminiert wird. Das ist der Preis, den ein Anleger indirekt bei einem ETF bezahlt. © Daniel Täger - stock.adobe.com ennen Sie die US-amerikanische Bank Wells Fargo? Das Finanzdienstleistungsunternehmen mit Sitz in San Francisco ist im S&P 500 gelistet und war in den 1970er-Jahren die erste Investmentbank, die einen Indexfonds aufgelegt hat. Der Indexfonds war allerdings – imGegensatz zu heute – kein Investment für Kleinanleger, sondern ausschließ- lich für institutionelle Investoren. Und auch war das Produkt nicht an der Börse handelbar, sodass es ganz streng genom- men kein ETF war. Indexfonds – eine Idee war geboren Dennoch war das Grundprinzip des passiven Investments ge- legt: Alle handelbaren amerikanischen Aktien werden in einem Produkt versammelt, um somit die höchstmögliche Diversifi- kation zu erzielen. Diese Idee griffen John Bogle und Burton Malkiel 1976 auf. Der Vanguard 500 fand reißenden Absatz, wurde aber von der Presse zerrissen. Die Kritik: In einen In- dexfonds zu investieren, heißt, auf Mittelmaß zu setzen. Eine dramatische Fehleinschätzung, denn im Jahr 2000 wurde der Vanguard S&P 500 Indexfonds zum größten Publikumsfonds der Welt gekürt. ETF – der nächste Schritt in die passive Richtung Der erste „richtige“ ETF, der also auch an der Börse gelistet war, erblickte am 9. März 1990 das Licht der Welt: Der „Toronto 35 Index Participation Fund“, auch bekannt als TIPs, wurde an der kanadischen Börse gelistet. Und seitdem kennen die Volumi- na in ETFs nur eine Richtung: nach oben (siehe Abb. 1). Doch was sind die Gründe für die Vervielfachung der ETF-Bestände? Ein Argument: Aktive Fondsmanager können langfristig ihre Benchmark, also ihren relevanten Vergleichsindex, nicht schla- gen. Und wenn sie das nicht können, dann – so die Darlegung – könnten sich Anleger die Kosten sparen und gleich auf einen ETF setzen. Doch stimmt dieses Argument wirklich? 40

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