insider_03_2021

Matthias Sattler , Leiter Vertrieb Alte Leipziger Lebensversicherung. Gleiches teilt der Maklerversicherer VOLKS- WOHL BUND Versicherungen mit. Aus zahlreichen persönlichen Gesprä- chen mit den Vertriebspartnern wisse man, dass die Kunden im anhaltenden Niedrigzinsumfeld schon seit Jahren Produkte mit reellen Chancen auf eine gute Rendite bevorzugten, die entwe- der ganz auf Garantien verzichten oder moderne Garantiesysteme haben. Der Versicherer habe seine Produktpalette schon früh entsprechend ausgerichtet: „Tarife, die mit einem klassischen ‚Ga- rantiezins‘ kalkuliert sind, haben wir daneben zwar auch noch in unserem Tarifportfolio, auf sie entfallen aber nur noch etwa drei Prozent unseres Neuge- schäfts“, so Pressesprecherin Simone Szydlak . Der dabei angesetzte „Garan- tiezins“ liege beim größten Teil davon bereits unter dem aktuellen Höchst- rechnungszins von 0,9 Prozent. Die Alte Leipziger hält allerdings einen Run auf Berufsunfähigkeitsprodukte zum Jahresende für möglich – wegen des Ein- trittsalters, aber auch weil die BU durch die Zinssenkung etwas teurer werde. Das bestätigt Martin Gräfer , Vorstand der Bayerischen Versicherung: „Klar ist, dass die Beiträge (…) für Berufsunfähigkeits- versicherungen steigen werden.“ Verweigerung der Riester-Reform durch Politik völlig absurd Die Riester-Rente gilt zusammen mit der bAV als Bastion für vollständige Beitragsgarantie. Pünktlich zu ihrem 20. Geburtstag verhagelt wohl die Ga- rantiezinssenkung die Party. Zwar ist Riester mit etwa 16,3 Mio. Verträgen eines der erfolgreichsten freiwilligen Al- tersversorgungsysteme, doch die Zahl ist wegen Kündigungen rückläufig (sie- he Abb. 2). Auf ein Fünftel der Verträge werden keine Beiträge mehr eingezahlt, womit auch die staatliche Förderung entfällt. Und der Gesetzgeber muss dringendst handeln, sonst hat das Pro- dukt keine Zukunft. Die Gemüter sind in Wallung. Verbraucherschützer, der Bund der Versicherten (BdV) und die Bürgerbewegung Finanzwende wollen die Riester-Rente abschaffen, die Deut- sche Aktuarvereinigung drängt auf eine Reform, der Gesamtverband der Deut- schen Versicherungswirtschaft (GDV) kann sich ein digitales Standardprodukt vorstellen, ganz im Gegensatz zum Bundesverband Deutscher Versiche- rungskaufleute (BVK), der die Wichtig- keit der Beratung durch Versicherungs- vermittler betont. Insgesamt gilt Riester als kompliziert, bürokratisch, intransparent, ineffizient und teuer. Mit der Fondsgesellschaft DWS zieht sich einer der größten An- bieter von Riester-Verträgen vom Markt zurück und bietet ab dem 1. Juli keine entsprechenden Fondsverträge mehr an, sondern erfüllt nur noch bestehen- de Verpflichtungen. Experten erwarten, dass noch dieses Jahr etliche Versiche- rer folgen werden. Die jetzige Regie- rung hat die versprochene Reform also ausgesessen. Auch die aktuellen Wahl- programme bleiben vage, was eine Al- tersvorsorge mit Zukunft betrifft. Ledig- lich ein digitales Standardprodukt wird angekündigt. Was sagen die Versicherer zur Politik? Deutlich wird Gräfer von der Bayeri- schen. Die Absenkung des Rechnungs- zinses setze gerade die steuerlich ge- förderten Formen der Altersvorsorge deutlich unter Druck, denn „die Politik boykottiert ja leider die dringend erfor- derlichen Reformen an die gesetzlichen Anforderungen“. Betrachte man die Zielgruppe der Riester-Rente, die auch die WWK so benennt, nämlich Durch- schnittsverdiener, kinderreiche Fami- lien und Alleinerziehende, sei es völlig absurd, dass gerade hier das von der SPD geführte Finanzministerium eine Reform verweigere. Ohne Reform wür- den insbesondere Kunden mit kleinem Budget wenige Anbieter finden. * Änderungen der Zahlen gegenüber früheren Veröffentlichungen sind auf Revisionen zurück- zuführen. Vertragsbestand bereinigt um stornierte Verträge. Der Anteil der ruhend gestellten Verträge (keine Beitragsleistung im Berichtszeitraum) wird auf gut ein Fünftel geschätzt. Abb. 2: Entwicklung der Zahl der Riester-Verträge / Bestand in Tsd. (Stand: 21.04.2021) 17,5 Mio. 15 Mio. 12,5 Mio. 10 Mio. 7,5 Mio. 5 Mio. 2,5 Mio. 0 2001 2004 2008 2012 2016 2020 1.400 3.322 3.889 4.086 5.358 7.970 10.596 12.248 13.454 14.462 15.431 15.746 16.000 16.293 16.489 16.570 16.607 16.600 16.531 16.370 Gesamt * k.A. 150 197 213 260 351 480 554 634 703 750 781 805 814 804 774 726 676 627 592 Banksparverträge k.A. 174 241 316 574 1.231 1.922 2.386 2.629 2.815 2.959 2.989 3.027 3.071 3.125 3.174 3.233 3.288 3.313 3.297 Investmentfondsverträge 22 197 460 724 953 1.154 1.377 1.564 1.691 1.767 1.810 1.818 1.793 Wohn-Riester / Eigenheimrente 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 Produkte / Stand Ende 1.400 2.998 3.451 3.557 4.524 6.388 8.194 9.285 9.995 10.484 10.998 11.023 11.013 11.030 10.996 10.931 10.881 10.827 10.773 10.688 Versicherungsverträge * Versicherungsverträge* Banksparverträge Investmentfondsverträge Wohn-Riester / Eigenheimrente Quelle: Bundsesministerium für Arbeit und Soziales 49

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