insider_03_2021
Riester-Modell sollte fortgeführt werden Was fordern die Versicherer und wie geht’s jetzt mit Riester weiter? Allianz, die Bayerische und WWK fordern die Absenkung des Garantieniveaus. Die Bayerische nennt als Zahl eine Absen- kung auf mindestens 80, besser auf 70 Prozent, während die WWK mindes- tens 70 Prozent fordert, so Thomas Heß , Marketingchef und Organisati- onsdirektor WWK Versicherungen. So könne man trotz reduzierter Garantien dem Kunden ein hohes Maß an Si- cherheit und Verlässlichkeit bieten und gleichzeitig durch eine deutlich höhere Aktienquote die Aussicht auf eine hohe Gesamtrendite aufrechterhalten. Die Bayerische fordert weiterhin, „endlich die Zulagen zu erhöhen“. Jede Investition in die Riester-Rente sei auch für den Staat rentabel, denn das vermindere später Zuschüsse in die Grundsicherung von Rentnern und entlaste damit die Sozialkassen. Und wenn der gesetzlich vorgegebe- ne Kommunikationsprozess zwischen Kunden, Anbietern und Zertifizie- rungsstelle vereinfacht werde, werde es für den Kunden günstiger und für alle Beteiligten leichter. Die Allianz plädiert für die rasche Um- setzung des Fünf-Punkte-Plans der Anbieterverbände. Dieser fordert ne- ben der Garantieniveau-Anpassung ein vereinfachtes Zulageverfahren, bei dem erst geprüft und dann gezahlt werden solle, um die rund 800.000 Zulagenrückforderungen pro Jahr um über 90 Prozent zu reduzieren. Wei- terhin gefordert werden einfach zu beratende Standardprodukte ohne komplizierte Wahlmöglichkeiten, die dann entsprechend kostengünstiger wären, und eine attraktive, transpa- rente und verständliche Förderung, etwa jeden selbst gezahlten Euro mit mindestens 50 Cent zu fördern, sowie die Öffnung der geförderten privaten Altersvorsorge für alle, also auch für Selbstständige. © ferkelraggae - stock.adobe.com 50 Lohnt es sich aus Sicht der Anbieter, bei Riester dranzubleiben? „Betrachtet man sämtliche Zulagen und Steuervorteile, ist Riester für Kunden ein Erfolgsmodell, das mit leichten Mo- difikationen erfolgreich fortgeschrieben werden sollte“, sagt Heß von der WWK. Keine Modifikation bedeute das schlei- chende „Aus“ des geförderten Alters- vorsorgeprodukts. Gräfer von der Bay- erischen unterstreicht: „Wenn es uns allen gelingt, die notwendigen Anpas- sungen an den Riester-Rahmenbedin- gungen zu überarbeiten, bleibt dieses Produkt grundsätzlich ein Erfolg.“ Die demografische Entwicklung mache klar, dass die gesetzliche Rente die Last der Verantwortung, einen angemessenen Ruhestand zu finanzieren, nicht alleine bewältigen könne. Gemischte Systeme seien die beste Chance, das zu verwirk- lichen. Die Allianz betont, dass Riester sehr häufig der Einstieg in die Vorsorge bei jungen Leuten oder Frauen sei: Mehr als die Hälfte der Riester-Neukunden bei Allianz Leben in Deutschland ist unter 35 Jahre alt, unter allen Riester- Kunden beträgt der Frauenanteil 57 Prozent. „Gerade für diese Zielgruppe muss Riester weiter attraktiv bleiben, um als oftmals erster Baustein für eine zusätzliche Vorsorge zu wirken“, so Pressesprecher Franz Billinger . Nichts bleibt, wie es war Die Riester-Anbieter werden ihr Pro- dukt ändern. Die Bayerische wird wei- terhin die volle Beitragsgarantie an- bieten, aber mit Einschränkungen bei Mindestlaufzeiten und Beiträgen sowie der Kostenstruk- tur. Allianz Le- ben wird im Jahr 2022 nur noch ein rein sicher- heitsorientiertes Riester-Produkt anbieten – als Überbrückung bis zur erhofften Anpassung des Garan- tieniveaus. Die WWK rechnet noch in diesem Jahr mit einer deutlich steigen- den Kundennachfrage nach Riester. Denn deutsche Sparer legten erfah- rungsgemäß hohen Wert auf umfas- sende Garantien, und die Sicherung des Rechnungszinses in Höhe von 0,9 Pro- zent für die gesamte Vertragslaufzeit sei sehr attraktiv. Auch in der bAV wird es bei den Beitragszusagen mit Min- destleistung, die vor allem kleinere und mittlere Unternehmen nutzen, künftig Lücken im Angebot geben. In jedem Fall hat der Garantiezins Aus- wirkung auf die künftige Produktge- staltung. Die Alte Leipziger sagt: „Eine Neukalkulation mit niedrigerem Rech- nungszins führt zu höheren Preisen.“ Das betreffe beispielsweise auch die Klassik-Komponenten in den Rentenpro- dukten. Da man für eine ausreichende Rendite aber schon seit Jahren auf hohe Fondskomponenten setze und nicht auf klassische Produkte, seien die Auswir- kungen auf die gesamte Produktpalet- te nicht so gravierend. Die Stuttgarter analysiert derzeit die Auswirkungen der Zinssenkung auf das Portfolio und wird die genannten vertrieblich wichtigsten kapitalmarktorientierten Produkte weiter anbieten. Bei der Bayerischen führt die Zinssenkung zur vollständigen Überar- beitung der Produktpalette, insbeson- dere bei den Produkten mit Beitragsga- rantie. Bei flexiblen Produkten der dritten Schicht wird das Garantieniveau auf 80 Prozent reduziert. Fazit: Langweilig wird es beim Vorsor- gethema ohne Garantien für Politik, Ver- sicherer und Vertrieb garantiert nicht. <<
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