Insider Magazin Ausgabe1
16 Einheitlichkeit klingt auf den ersten Blick gut – doch wie ist die FinVermV in der vorliegenden Fassung letztlich zu bewerten und welche Änderungen, ob gravierend oder marginal, erge- ben sich daraus für die Vermittlerschaft? Martina Hertwig , Partnerin und Wirtschaftsprüferin bei Baker Tilly und Mitglied des ZIA-Vorstands, findet klare Worte: „Die Neuerungen be- deuten einen Mehraufwand und werden meines Erachtens künftig das Geschäft erschweren. Insbesondere die Auf- zeichnungspflicht der telefonischen Kommunikation – sofern sie die Beratung und Vermittlung von Finanzanlagen betrifft – erschwert in der Praxis das Geschäft erheblich. Das zeigen die Erfahrungen aus dem Bankenvertrieb, für den die Regeln schon gelten. Die Vermittlungen übers Telefon dauern länger oder es kommt überhaupt nicht mehr zu Abschlüssen.“ Für KPMG-Rechtsexperte Dr. Lange enthält der Entwurf eine interessante Mischung aus einerseits deutlich strengeren An- forderungen für Finanzanlagenvermittler in mancher Hinsicht, etwa was die Kostentransparenz, Interessenkonflikte, Geeig- netheitsprüfung und -erklärung oder Telefonaufzeichnun- gen anbelangt. „Andererseits bleiben die Anforderungen an Finanzanlagenvermittler, was den Umgang mit Zuwendun- gen bzw. Anreizen betrifft, auch künftig spürbar hinter dem vergleichbaren Regelungsregime für Wertpapierdienstleis- tungsunternehmen zurück, insbesondere was erforderliche Qualitätsverbesserungen zugunsten der Kunden und deren Nachweis bzw. Dokumentation anbelangt“, so Dr. Lange. Markante Aufzeichnungspflichten werden kritisiert Rechtsanwalt Wirth merkt Kritik in zweierlei Hinsicht an: zum einen an der vorgesehenen Aufzeichnungspflicht von Telefongesprächen. Die Gewerbetreibenden sollen die nach der Verordnung erforderlichen Aufzeichnungen in ihren „Ge- schäftsräumen aufbewahren“. „Dies ist im Internetzeitalter mit vielfältigen Möglichkeiten, Daten an anderen Orten (z. B. in einer Cloud) zu speichern, nicht praxisgerecht“, so Wirth. Zum anderen sehe der Entwurf vor, dass Produkte nur innerhalb des definierten Zielmarktes vermittelt werden dürften. Wäh- rend für Banken ein Vertrieb auch außerhalb des Zielmarkts zulässig ist, wenn hierfür berechtigte Gründe vorliegen, sind in der FinVermV keine Ausnahmen vorgesehen. BVK-Präsi- dent Heinz bewertet den Entwurf dahingehend positiv, dass ein in der Branche befürchtetes Provisionsverbot nicht kom- men wird. Hinsichtlich der Umsetzung der Verordnung merkt Rechtsanwalt Wintzer an, dass es ratsam sei, hier noch aus- reichend bemessene Übergangsfristen aufzunehmen. „Den Finanzanlagenvermittlern ist es nicht zuzumuten, dass die Verordnung über Nacht in Kraft tritt“, so Wintzer. feststellen, dass das Ziel vergleichbare Geschäfte gleich zu regulieren, nicht immer erreicht wurde. Bevor also neue Re- gularien verabschiedet werden, sollte sich eher darauf beson- nen werden, die Unterschiede in der Regulatorik zu schließen. Spontan fällt mir dabei das Thema laufende Betreuungs- pflichten ein, welches im Bereich MiFID II für Kreditinstitute eine Möglichkeit ist, Vergütungen zu rechtfertigen, im Finanz- anlagebereich gar nicht thematisiert wird und bei den Versi- cherungsanlageprodukten nur am Rande erörtert wird“, stellt Jens Reichow , Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow fest. Norman Wirth , Partner Wirth - Rechtsanwälte, kommentiert, dass wir es inzwischen mit einer Informationsflut beim End- kunden zu tun hätten, die den hehren Ansatz des Verbrau- cherschutzes ins Gegenteil verkehre. „Die Adressaten der Information drohen in Passivität zu versinken und gar keine Information mehr zur Kenntnis zu nehmen bzw. nehmen zu wollen.“ Gleichwohl sei mit Blick auf MiFID II die verbesser- te Kostentransparenz für die Kunden sicherlich ein positiver, wenn nicht sogar der positive Aspekt, so Rechtsexperte Wirth. Fachanwalt Reichow resümiert, dass für Vertriebe und Makler die Änderungen der MiFID II erst durch die überarbei- tete FinVermV umgesetzt werden, und betont, dass „viele Finanzanlagevermittler erhebliche technische und organisa- torische Herausforderungen haben dürften betreffend dem sogenannten Taping, also der Aufzeichnung von Telefonge- sprächen, sobald diese die Vermittlung von oder die Beratung zu Finanzanlagen beinhalten.“ BVK-Präsident Michael H. Heinz rückt wiederum das Thema Kosten bzw. Offenlegung der Vergütung in den Fokus seiner Analyse und merkt ferner an, dass Vermittler dahingehend tätig werden müssen, Zielmärkte für die Anlagewünsche ih- rer Kunden zu definieren und die Geeignetheit der Produkte daraufhin zu prüfen. „Außerdem muss mindestens jährlich ein sogenannter Produktüberprüfungsprozess durchgeführt werden“, so Heinz. FinVermV: Standards für alle Die mehr als 37.800 in Deutschland tätigen § 34f-Finanz- anlagenvermittler wurden hingegen bis dato von strengeren Anforderungen weitgehend verschont. Doch spätestens mit dem Vorliegen des Entwurfs der zweiten Verordnung zur Änderung der Finanzanlagenvermittlungsverordnung (Fin- VermV) wird auch für sie eine Anpassung an den MiFID-II- Standard erwirkt. Zwar ist die FinVermV letztes Jahr nicht mehr in Kraft getreten, dennoch rinnt die Zeit, zumal die Ver- ordnung bereits Mitte März 2019 im Bundesrat abschließend behandelt werden könnte.
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