1 6 Das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) von 2018 hat viel bewirkt und rückte die betriebliche Altersversorgung (bAV) stärker in den Fokus von Arbeitgebern und Vermittlern. Per Protoschill, Geschäftsführer der Stuttgarter Vorsorge-Management GmbH und Leitung Vertriebsunterstützung bAV, weist hier auf die wesentliche Neuerung des verpflichtenden Zuschusses des Arbeitgebers zur Entgeltumwandlung hin. Dessen Umsetzung habe zunächst Beratungsbedarf bei den Arbeitgebern erzeugt. „Vielfach hat das aber auch – sehr positiv – dazu geführt, über rein durch den Arbeitgeber finanzierte Bestandteile für die bAV nachzudenken.“ Die bAV-Studie der Unternehmensberatung Deloitte von 2022 zeigt denn auch, dass die Nutzung der Entgeltumwandlung seit 2019 stetig steigt. Inzwischen nehmen 47 Prozent der befragten Beschäftigten Angebote der Entgeltumwandlung wahr. 2019 waren es lediglich 22 Prozent. Ein Grund: 42 Prozent der befragten Beschäftigten geben an, dass ein Arbeitgeberzuschuss der wichtigste Grund für eine Entgeltumwandlung sei. In Zeiten des Fachkräftemangels müssten Arbeitgeber ein hohes Interesse daran haben, mit entsprechenden Angeboten der betrieblichen Vorsorge im „War for Talents“ erfolgreich zu sein. Sven Küstner, Versicherungsmakler und Geschäftsführer der bAV Innovationspartner GmbH in Neckarsulm, bestätigt, dass die bAV heutzutage ein grundlegender Bestandteil der Mitarbeiter-Benefits sei. Allein ihre Existenz reiche jedoch nicht aus, um sich als Arbeitgeber positiv abzuheben. Entscheidend sei ein durchdachtes bAV-Konzept, das den Bedürfnissen der Mitarbeiter entspricht. „Noch wichtiger ist die aktive und intensive Kommunikation“, so der bAV-Experte. Schon in der Stellenanzeige, beim Einstellungsprozess und im Arbeitsalltag sollte die bAV thematisiert werden. Nur so erkennen Beschäftigte den Mehrwert dieses Angebots. „Dennoch gilt: Ist ein Arbeitgeber insgesamt unattraktiv, kann auch die beste bAV keine Fachkräfte überzeugen.“ Der Arbeitgeberzuschuss sei dabei ein wichtiger Hebel, erläutert Küstner: „Die meisten von uns betreuten Unternehmen zahlen einen Arbeitgeberzuschuss zur bAV, der über das gesetzliche Minimum hinausgeht.“ Firmen, die glauben, ihre Mitarbeitenden hätten kein Interesse an der bAV, hielten sich meist nur an die gesetzlichen Vorgaben. „Wer jedoch im Wettbewerb um Fachkräfte punkten will, setzt auf attraktivere Angebote“, ist der Makler überzeugt. Immer mehr Unternehmen finanzierten die bAV sogar komplett selbst. Beliebt seien auch Modelle, bei denen Beschäftigte durch zusätzliche bAV-Beiträge am Unternehmenserfolg beteiligt werden. Solche Lösungen förderten die langfristige Bindung und Motivation der Mitarbeitenden. Gleichwohl sieht die Realität so aus, dass die Durchdringung der bAV v. a. in den kleineren und mittleren Unternehmen immer noch zu wünschen übrig lässt (Abb. 1). Das sieht Rolf Schmachtenberg ähnlich. Der Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium meinte in einem Interview vom März 2025: „Die jüngsten Verbreitungszahlen, wonach knapp 52 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten einen Betriebsrentenanspruch haben, sind nicht das, was wir uns erhofft hatten.“ Schlecht sieht es insb. bei Kleinbetrieben aus. Bei den Betrieben unter zehn Mitarbeitern haben im Durchschnitt sogar nur 29 Prozent der Deutschen eine bAV, obwohl laut Betriebsrentengesetz (BetrAVG) jeder Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung in Altersvorsorge hat – auch wenn der Arbeitgeber nach dem Gesetz nicht die Pflicht hat, von sich aus den Mitarbeiter auf diesen Rechtsanspruch hinzuweisen (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 18. Februar 2020, Az. 3 AZR 206/18). Das zweite Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG II) wurde von der Regierung zwar beschlossen, es ist allerdings (noch) nicht in Kraft getreten. Wie Dr. Patrick Polowy, Hauptabteilungsleiter bAV/Firmenkunden Leben beim VOLKSWOHL BUND erklärt, sollte das Gesetz die Verbreitung der bAV stärken. Und zwar insb. durch die Verbesserung der Förderung für einkommensschwächere Arbeitnehmer, der Öffnung des Sozialpartnermodells für mehr Unternehmen und der Möglichkeit zur Implementierung von Opt-out-Modellen. Die Evaluierung sollte 2028 sein. „Es bleibt abzuwarten, ob die definierten Ziele erreicht werden können“, so Polowy. Betriebliche Vorsorge NOCH VIEL NACHHOLBEDARF Die betriebliche Altersversorgung ist nach Meinung vieler Experten ein Markt mit Zukunft. Doch es gibt eine immer noch zu geringe Verbreitung, v. a. in kleineren und mittleren Unternehmen. „insider“ befragte dazu exklusiv fünf Experten der Branche. © master1305 – stock.adobe.com
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