BCA_insider Ausgabe 01/25

VERSICHERUNGEN Besser Opt-out als Obligatorium Christian Häsch, Leiter Vertrieb Alte Leipziger Lebensversicherung, formuliert offensiv seine Wünsche an den Gesetzgeber: „Es ist dringend eine Reform des BRSG nötig (BRSG II), um an einigen zentralen Stellen nachzubessern.“ Wichtig sei „eine Vereinfachung der bürokratischen Prozesse und Regelungen bei der Einrichtung einer bAV“, etwa die Dokumentations- und Nachweispflichten des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer. „Ziel sollte eine volldigitale Einführung und Verwaltung der bAV sein“, fordert Häsch. Und: „Zweitens versprechen wir uns große Chancen durch Optionsmodelle, bei denen Mitarbeitende ohne aktiven Widerspruch (Opt-out) automatisch an der bAV ihres Arbeitgebers teilnehmen.“ Wenn diese auch außerhalb von Tarifverträgen erlaubt wären, könnte das entscheidend helfen, die Durchdringung der bAV zu verbessern. Auf die Frage, ob man zur besseren Verbreitung der bAV ein Obligatorium brauche, geben sich die befragten Versicherer zurückhaltend. „Die Frage ist doch, ob dies das eigentliche Problem lösen würde“, meint Florian Schlögl, Leiter betriebliche Altersversorgung bei der Continentale Versicherung. Aus seiner Sicht benötigten Arbeitgeber und Arbeitnehmer umfassende Beratungen, um das Bewusstsein für den grundsätzlichen Bedarf einer bAV weiter zu erhöhen. Zudem gebe es neben der Durchdringung von lediglich 50 Prozent eine weitere Herausforderung: Auch die Beschäftigten, die eine aktive bAV-Anwartschaft haben, seien oftmals nicht ausreichend abgesichert. Auch Protoschill von der Stuttgarter ist gegen ein Obligatorium. „Eine durch den Arbeitgeber mitfinanzierte bAV ist besser als ein Obligatorium“, ist er überzeugt. Dann würde die große Mehrheit der Belegschaft mitmachen wollen – ohne Zwang. Zudem sei ein Obligatorium unabhängig von der politischen Konstellation sehr unwahrscheinlich, glaubt Polowy vom VOLKSWOHL BUND. Es sei sehr schwer, die nachvollziehbar unterschiedlichen Positionen, bspw. der Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften unterschiedlicher Branchen, auf einen Nenner zu bringen. Den Arbeitgebern in wirtschaftlich schwierigen Zeiten einen weiteren Kostenfaktor zu oktroyieren, dürfte ebenso schwierig sein, wie den Arbeitnehmern eine indirekte Kürzung von Löhnen und Gehältern zu vermitteln. Hinzu kommen diverse ungeklärte rechtliche Fragen. „Als Fazit kann man festhalten, dass die im BRSG II beschriebenen Maßnahmen politisch deutlich einfacher umsetzbar sind“, so der bAV-Experte. Häsch von der Alten Leipziger spricht sich für das Optout-Modell aus, um die bAV-Durchdringung in Deutschland weitreichend zu verbessern. Viele Mitarbeitende scheuen sich jedoch, sich mit diesem komplexen Thema aktiv auseinanderzusetzen. Vielmehr wünschten sie sich von ihrem Arbeitgeber ein „Rundum-sorglos-Paket“ an betrieblichen Benefits. Durch ein Opt-out-Modell würde diese entscheidende Hürde wegfallen. „bAV lässt sich einfach und effizient umsetzen“ „Zu kompliziert, zu aufwendig und zu hohe Kosten“ – bei manchen Arbeitgebern halten sich diese Vorurteile hartnäckig. Versicherungsmakler Küstner widerspricht: „Die bAV in Deutschland ist mit ihren fünf Durchführungswegen zweifellos komplex.“ Doch diese Vielschichtigkeit sei im unternehmerischen Alltag kein Einzelfall. Bereiche wie das Steuerrecht seien ebenfalls anspruchsvoll, würden jedoch mit kompetenter Beratung erfolgreich gemeistert. Mit fachkundiger Unterstützung lasse sich auch die bAV einfach und effizient umsetzen. Beauftrage ein Arbeitgeber spezialisierte Berater, könne er mit überschaubarem Zeiteinsatz ein einheitliches Versorgungskonzept entwickeln und Abb. 1: Alterssicherungsbericht 2024 Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit bAV in der Privatwirtschaft nach Betriebsgröße Ende 2019 (Stand: 11/24) 2019 2023 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2024, Ergänzender Bericht der Bundesregierung zum Rentenversicherungsbericht 2024 1 bis 9 10 bis 49 50 bis 249 250 bis 499 500 bis 999 1.000 u. mehr 29 % 25 % 40 % 36 % 48 % 48 % 58 % 60 % 73 % 74 % 88 % 86 % © master1305 – stock.adobe.com

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