insider_INVESTMENT_2024

40 ODDO BHF MARKETINGINFORMATION Zuletzt sind die quartalsweise anstehenden Bilanzpräsentationen der Unternehmen erfreulich verlaufen. Der Mehrzahl der Unternehmen gelang es, die Erwartungen der Analysten zu übertreffen. Aber Qualitätsinvestoren sollten immer die Realität hinter den Zahlen überprüfen und das Bilanzwerk der Unternehmen genauer unter die Lupe nehmen. Denn dessen Qualität lässt im Durchschnitt nach. Die Berichtssaison über das letzte Quartal hat wieder einmal eine Unsitte der Finanzabteilungen vieler Unternehmen zutage gebracht: die Kunst der kreativen Buchführung. Diese Unart hat aus unserer Sicht in den vergangenen Jahren an den internationalen Finanzmärkten zugenommen, sodass die Qualität der ausgewiesenen Zahlen nachgelassen hat. Den zentralen Angaben über die Stärke eines Unternehmens können Investoren nicht mehr uneingeschränkt trauen. Das gilt besonders für die Bilanz, die Gewinn- und Verlust-Rechnung (GuV) und die Kapitalflussrechnung. Besonders schlecht scheint die Qualität der sogenannten „non-GAAP earnings“. Der Begriff stammt aus dem amerikanischen Rechnungslegungs-standard GAAP. Unter die Kategorie „non-GAAP earnings“ fällt bspw. die Kennziffer EBITDA für das operative Ergebnis, den Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen. Solche Kennzahlen können die Transparenz erhöhen. Oftmals wird Aktionären jedoch dadurch ein zu positives Bild eines Unternehmens vermittelt. Das Arsenal der Bilanztrickser ist groß: Vorgezogener oder gar „betrügerischer“ Umsatzausweis: Unternehmen dürfen Umsätze ausweisen, wenn ein Vertrag zustande gekommen ist, Einigkeit über den Preis besteht, die Leistung erbracht worden ist und eine hohe Zuversicht besteht, dass die Kunden zu einem späteren Zeitpunkt die Güter und Dienstleistungen auch tatsächlich bezahlen werden. Eine Vielzahl an Unternehmen verbuchen Umsätze vorzeitig, z. B. indem sie behaupten, eine Leistung sei erbracht worden, obwohl dies noch gar nicht der Fall ist. Zu hoher oder falscher Wertansatz von Vermögensgegenständen: Investitionen in Gebäude, Maschinen und andere Sachanlagen werden häufig mit zu hohen Anschaffungskosten bewertet. Betrügerische Unternehmen weisen oftmals fiktive Vermögensgegenstände aus oder solche, die ihnen gar nicht gehören. Ein besonderes Problem ist die Wahl und die Länge der Abschreibungsperioden. Dies kann richtig sein, wenn der Wertgegenstand tatsächlich länger genutzt wird. Die Begründungen für die Verlängerung der Abschreibungsperioden einiger Unternehmen sind gerade in dieser Berichtsperiode aber oftmals wenig überzeugend. Fehlerhafter Ausweis von Forderungen: Viele Unternehmen schieben einen mehr oder weniger hohen Bestand an Forderungen vor sich her. Diese können sie als Vermögenswert buchen, weil ein Zufluss an Liquidität erwartet wird. Manche Finanzvorstände lassen Forderungen auch dann stehen, wenn sie sich längst als uneinbringlich erwiesen haben. NACHLASSENDE QUALITÄT DER BILANZZAHLEN Worauf Qualitätsinvestoren bei der Aktienauswahl achten sollten © ChubbyCat – stock.adobe.com

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