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54 : Herr Choragwicki, obwohl Ihr Fonds zu Beginn der Corona-Krise in Staats-, Unternehmens- und Schwel- lenländeranleihen defensiv aufgestellt war, verlor er im März 10,5 %. Ein großer Abschlag für eine doch eher defensive Anlage. Wie kam es dazu? Adam Choragwicki: Diese Wucht hat uns zugegebenermaßen auch über- rascht. Zunächst waren nur High- Yield- und Schwellenländeranleihen betroffen, zeitversetzt traf es dann auch Investment Grade-Unterneh- mensanleihen und temporär sind gar die als sicherer Hafen geltenden US- Treasuries abgestraft worden. Die da- raus folgenden Panikverkäufe führten bei Unternehmens- und Schwellenlän- deranleihen zur schlechtesten Monats- entwicklung seit 2008. Der Fonds war zu diesem Zeitpunkt mit rund 16 % in Die Anleihemärkte traf die globale Coronakrise wie eine Naturkatastrophe. Zumal der „Patient“ Anleihe schon vorher angeschlagen war. Denn allzu oft lautete die Diagnose: kein Zins. Doch jede Krise schafft auch neue Chancen. Adam Choragwicki – Portfoliomanager des StarCapital Argos ist überzeugt: die extrem negative Stimmung am Anleihemarkt schafft beste Voraussetzungen für antizyklisches Handeln und ein fulminantes Comeback von Anleihen. Warum erläutert er im Interview. Staatsanleihen investiert, während auf Unternehmens-und Schwellenländer- anleihen rund 75 % entfiel. Dement- sprechend traf uns der Abschlag über- proportional. : Das hört sich nicht nach de- fensiver Fondsausaurichtung an. Choragwicki: Da stimme ich Ihnen teil- weise zu. Im Kern des Fonds bewegen wir uns im Crossover-Bereich, d.h. Fo- kus ist das BBB/BB-Ratingsegment. Dabei nutzen wir flexibel die gesamte Bandbreite des Anleihemarktes – bis hin zu Fallen Angels. Aus gutem Grund: 10-jährige US-Treasuries hatten in den vergangenen Jahren eine doppelt so hohe Volatilität wie IG-Unternehmens- anleihen oder sogar High Yields. Dabei waren Staatsanleihen performancesei- tig etwa gleichauf mit Corporates, High- Yield-Anleihen performten doppelt so gut. Wenn man mit Renten nachhal- tig Geld verdienen möchte, braucht man demnach das ganze Investitions- Spektrum. Defensiv heißt in unserem Fall, dass wir uns beispielsweise bei High-Yield-Anleihen auf BB-Emitten- ten fokussieren, während wir CCC und niedrigere Ratings im Fonds aufgrund erhöhter und nur schwer kalkulierbarer Ausfallrisiken nicht einsetzen. : Aber gerade auch Unterneh- mens- und Schwellenländeranleihen hat es besonders stark getroffen. Wie haben Sie darauf reagiert? Choragwicki: Antizyklisch – wir haben aufgestockt. Stand Ende Mai 2020 bei Unternehmens-und Schwellenländer- anleihen auf rund 89 %, während wir Staatsanleihen auf 7 % reduziert ha- ben. : Warum? Choragwicki: Weil hier ein enormes Aufholpotenzial liegt. Der Markt hat Ende März eine Ausfallrate für High- Yield-Emittenten von ca. 45 % und bei Investment Grade-Emittenten von ca. 12 % über die nächsten fünf Jahre ein- gepreist. Das scheint uns völlig überzo- gen. In der Finanzmarktkrise 2008 wa- ren diese Werte sogar noch höher, die tatsächliche Ausfallrate lag im Nach- hinein jedoch nur bei ca. 13 %. Wir denken daher, dass es zu Ausfällen bei Unternehmensanleihen kommen wird, aber es wird die Unternehmen treffen, die bereits vor der Coronakrise schlecht gewirtschaftet haben. Da durch die Pa- nikabverkäufe im März 2020 auch sta- bile Unternehmen abgestraft wurden, ist das Erholungspotenzial hier sehr hoch. Erste Tendenzen zeigten sich be- reits seit April. : Wie sieht es bei den Schwel- lenländern aus? Choragwicki: Bei Schwellenländer- anleihen ist der Panikverkauf im März noch stärker ausgefallen. Hier hat der Ölpreisverfall zusätzlich für einen deutlichen Anstieg der Risikoprämien gesorgt. In diesen Marktphasen wird fälschlich alles über einen Kamm ge- schert, egal ob berechtigt oder nicht. BEREIT ZUR AUFHOLJAGD! Im Interview: Adam Choragwicki managt den StarCapital Argos seit 2018 www.starcapital.de Das Ganze sehen. Die Chancen nutzen. © Jonas Werner-Hohensee

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