insider Ausgabe 03/2020 Online

15 14 Nun wird es langsam ernst. Am 11. März 2020 hat das Bundeskabinett den Kabinettsentwurf beschlossen, mit dem die 34f-Vermittler unter die Aufsicht der BaFin gestellt werden. Damit soll ein Beschluss aus dem Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD umgesetzt werden, die Finanzanlagenvermittler schrittweise in die BaFin-Aufsicht zu führen, um eine einheitliche Aufsicht in Deutschland sicherzustellen. n dem Gesetzentwurf ist viel Kritik laut geworden, nicht nur von den Fachverbänden der Vertriebsorga- nisationen, sondern auch von unabhängiger dritter Seite. Zum Beispiel hat der Normen- kontrollrat geäußert, er könne die Sinnhaf- tigkeit des Vorhabens nicht nachvollziehen und es sei ihm noch nicht klar, worin die Qualitätsverbesserung der Aufsicht liegen solle. Auch seien die Kosten nicht korrekt berechnet. Deswegen hat es in den letzten Tagen und Wochen noch Diskussionen ge- geben und der Entwurf ist auch noch ein- mal von der Agenda genommen worden. Das heißt, die zweite und die dritte Lesung im Bundestag, eigentlich vorgesehen für den 19. Juni 2020, fanden nicht statt. Viel- leicht gibt es noch einmal Änderungen, das hängt von den Diskussionen in der Koaliti- onsspitze ab. Auswirkungen auf den Berufsalltag Beschließt aber der Bundestag das vor- geschlagene Gesetz, müssen sich Finanz- anlagenvermittler auf die BaFin-Aufsicht einstellen. An den grundsätzlichen Ver- braucherschutzregeln, welche die MiFID II auch für nichtlizenzierte Vermittler vorsieht, wird sich inhaltlich nicht viel ändern. Diese sind schon in die Finanzanlagenvermitt- lungsverordnung aufgenommen worden, und das kommt auch so in das neue Gesetz. Im Wertpapierhandelsgesetz wird dazu extra ein neuer Abschnitt für die Finanzan- lagenvermittler gebildet und die MiFID-II- Vorgaben werden so übernommen, wie sie auch in die Finanzanlagenvermittlungsver- ordnung Eingang gefunden haben. Das be- trifft das Thema Interessenkonfliktmanage- ment, ein zweistufiges Verfahren, in dem zunächst die Interessenkonflikte ermittelt und bewältigt werden, und falls das nicht gelingt, wird eine Offenlegung der Interes- senkonflikte gegenüber den Kunden vorge- sehen. Geregelt werden die Informations- pflichten gegenüber dem Kunden über die Rolle des Vermittlers, über Gebühren, Ver- gütungen und Zuwendungen einschließlich Ex-ante- und Ex-post-Kostenausweis, zu den Kosten der Beratung und Vermittlung und der jeweiligen Produkte sowie Infor- mationen des Kunden über Art und Risiken der Anlage. Dazu kommen Anforderungen an Infor- mationen und Werbung, Bereitstellung der Beipackzettel, Geeignetheitsprüfung und Geeignetheitserklärung (das alte Be- ratungsprotokoll) und das leidige Thema der Telefonaufzeichnung. Diese wird ver- bindlich werden, jedenfalls für Telefonate, in denen Kundenbetreuung und Anlagebe- ratung durchgeführt werden. Erfreuliches gibt es zum Thema Product Governance und Zuwendungen. Hier verbleibt es bei den sehr milden Regelungen, die gegen- über denen für lizenzierte Institute deutlich abgeschwächt sind. Der Zielmarktabgleich ist nur vereinfacht vorzunehmen und es ist lediglich die Vereinbarkeit der Finanzanlage mit den Bedürfnissen des Anlegers unter Berücksichtigung des Zielmarkts zu beur- teilen. Zuwendungen (Provisionen) dürfen nach wie vor angenommen werden, sie dürfen sich lediglich nicht nachteilig auf die Qualität der Vermittlung oder Beratung auswirken. Neu wird das Thema der Überwachung und Regulierung. Waren bis jetzt die Ge- werbeämter oder IHKs für die Überwa- chung zuständig, soll nun ein Wechsel zur BaFin erfolgen. Es sollen keine Wirt- schaftsprüfer mehr eingeschaltet werden, sondern vielmehr durch Beamte der BaFin direkt die Kontrolle und Regulierung vor- genommen werden. Dazu plant die BaFin insgesamt bis zu 400 Stellen aufzubauen. Teilweise werden aus bestehenden Refera- ten Mitarbeiter abgezogen, teilweise Neu- einstellungen bei der BaFin vorgenommen. Die Beaufsichtigung wird in Frankfurt kon- zentriert werden. Der Weg in die Aufsicht ist zunächst unbürokratisch ausgestaltet Der einzelne Finanzanlagenvermittler, der jetzt eine Zulassung nach § 34f Gewerbe- ordnung besitzt und der auch in das Ver- mittlerregister eingetragen ist, muss keinen eigenständigen Erlaubnisantrag stellen; er kann abwarten, bis die BaFin auf ihn zu- kommt. Damit bestünde vielleicht sogar die Möglichkeit, zunächst einmal unter demRa- dar der Aufsicht zu bleiben und die nächs- ten Monate und Jahre weitgehend unbehel- ligt sein Geschäft zu betreiben. Das ändert sich erst dann, wenn Nachbarn, unzufrie- dene Kunden, Ex-Geliebte oder andere sich an die BaFin wenden und Maßnahmen an- fordern. Dann würde die BaFin sich an den Vermittler wenden und ihn auffordern, den Erlaubnisantrag zu stellen. Natürlich muss man sich auch vorher schon an die neuen Vorgaben des Wertpapierhandelsgesetzes halten, man spart sich aber den Erlaubnis- aufwand. Kommt dann aber irgendwann die Aufforderung der BaFin, muss der Er- laubnisantrag nachgeholt werden. Zu beachten ist aber die Selbstauskunfts- pflicht, um der BaFin eine Einschätzung zu ermöglichen, ob bezüglich des jeweiligen Vermittlers ein Aufsichtsbedürfnis besteht. Dazu muss der Vermittler jährlich im ersten Quartal eine Selbstaus- kunft abgeben und die Anzahl der vermittel- ten Geschäfte sowie die Anzahl der Anleger, die Höhe der Zuwendungen und Honorare sowie die Anzahl der Beschwer- den, der Schadenser- satz- oder Kulanzzahlungen sowie auch Zahlungen der Berufshaftpflichtversiche- rung mitteilen. Haftungsdach: light oder normale Variante Sehr interessant ist auch die im Entwurf vorgesehene Lösung, unter einer soge- nannten Vertriebsgesellschaft tätig zu wer- den. Das ist eine Art Haftungsdach light. Entschließt sich ein Vermittler, für Rech- nung und unter der Haftung einer solchen Vertriebsgesellschaft tätig zu sein, benötigt er keine eigenständige Lizenz. Der Nachteil ist allerdings die Exklusivität. Leider besteht lediglich die Möglichkeit, mit dem erlaub- nispflichtigen Geschäft für eine Vertriebs- gesellschaft tätig zu sein, nicht für mehrere. Die Möglichkeit der Anbindung an mehrere Pools, Plattformen oder Vertriebsstellen ist damit versagt, jedenfalls für den Bereich der Fonds und der Vermögensanlagen. Für Versicherungen, Bausparverträge und Kre- dite bestünde noch die Möglichkeit meh- rerer Anbindungen. Allerdings verbleibt es auch bei einer Tätigkeit unter einer solchen Vertriebsgesellschaft bei der Produktbe- schränkung auf Fonds und Vermögensan- lagen. Ein breiteres Produktspektrum bietet le- diglich ein Haftungsdach. Unter dem Haf- tungsdach entfällt die Produktbeschrän- kung auf Fonds und Vermögensanlagen. Unter einem Haftungsdach können auch Aktien, Renten, Zertifikate und andere Einzeltitel vertrieben werden. Für ein Haf- tungsdach kommen keine neuen Regelun- gen, hier verbleibt es bei der bestehenden Regelung. Auch diese setzt ein exklusi- ves Tätigwerden für ein Haftungsdach im Wertpapierbereich voraus. << © peshkov - stock.adobe.com

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