insider Ausgabe 03/2020 Online
19 18 „Gesetz zur Einführung von Sondervorschriften für die Sanierung und Abwicklung von zentralen Gegenparteien“, das klingt zwar nicht unbedingt nach Stärkung des Fondsstandorts Deutschland, ist aber nach dem Willen des deutschen Gesetzgebers explizit so gedacht. Und so mündete die Initiative Ende März auch in mehrere Änderungen des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB). Sie sehen zukünftig u. a. die Erlaubnis zum „Swing Pricing“ vor sowie das Recht, „Redemption Gates“ und „Rücknahmefristen“ bei Publikumsfonds einzuführen. Überdies dürfen Investmentaktiengesellschaften mit fixem Kapital und geschlossene Investmentkommanditgesellschaften ab sofort auch als Teilgesellschaftsvermögen konzipiert werden. as verbirgt sich hinter den Maßnahmen im Einzelnen? Der „Swing Price“ soll der Verwässerung von Anlagestrategien und Wertentwicklungen vorbeugen. De facto kann damit der Nettoinven- tarwert (NAV), also die ermittelte Sum- me der Vermögenswerte (geteilt durch die Summe der ausgegebenen Anteile gleich Anteilpreis), um jene Transak- tionskosten erhöht oder gemindert werden, die eine Kapitalverwaltungs- gesellschaft im Kontext von Mittelzu- und -abflüssen ihres Fonds entstanden sieht. Die Transaktionskosten mindern den Anteilpreis, wenn Vermögensge- genstände veräußert werden müssen, da mehr Anteile zurückgenommen als ausgegeben werden, und erhöhen ihn im Umkehrschluss, wenn frische Mittel investiert werden müssen, da mehr An- teile ausgegeben als zurückgenommen werden. Dabei handelt es sich keineswegs um einen Automatismus, sondern um ein Wahlrecht der Gesellschaft, das sie sich in den Prospekten zuvor einräumen las- sen muss. Im Zuge dessen darf sie auch festlegen, ob sie den Swing Price sofort bei Eintritt eines Nachfrage- oder Ab- gabeüberhangs vorsieht oder erst bei Überschreitung bestimmter Schwellen. Voraussetzung des Swing Pricing ist in- des die unmittelbare zeitliche Nähe zur Investition, wobei bei offenen Immobi- lienfonds die Anpassung des Nettoin- ventarwertes nicht vorgesehen ist. Aus Sicht der Investoren ist der Swing Price ein zweischneidiges Schwert. Einerseits ordnet er die Transaktionskosten den Verursachern zu, schützt also die be- stehenden Anteilsinhaber, die im Fonds verbleiben, vor einer Verwässerung ih- rer Renditen. Andererseits wird er für Käufer und Verkäufer von Anteilen des Fonds zu einer intransparenten Variab- len. Schließlich wissen sie im Vorfeld ih- rer Entscheidung nicht, ob und wie weit geschwungen wird, und können die zu- sätzlichen Kosten im Nachhinein nicht einmal kontrollieren, da sie nicht separat auszuweisen sind. Veröffentlicht – und damit Grundlage der Transaktion – wird nur der NAV als solcher. Redemption Gates und Rücknahmefristen Hinter den „Redemption Gates“ verbirgt sich zukünftig das ebenfalls in Satzun- gen anzukündigende Recht einer Ge- sellschaft, unter hohem Verkaufsdruck die Rückgabe von Fondsanteilen bis zu 15 Tage auszusetzen oder zu kontin- gentieren (gleiche Menge pro Anleger). Während die „Redemption Gates“ op- tional sind, kommen „Rückgabefriste“, Impressum Herausgeber BCA AG Hohemarkstraße 22 61440 Oberursel Tel: (06171) 91 50-100 Mail: info@bca.de Net: www.bca.de/insider Koordination Mirko Faust, BCA AG © 2020 BCA AG Da Veröffentlichungen einer besonderen Dynamik unterliegen, können trotz ausführlicher Prüfung weder Redaktion noch Herausgeber Haftung für die Richtigkeit der Beiträge übernehmen, ausgenommen, es handelt sich um grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz. Alle Beiträge geben ausschließlich die Meinung der jeweiligen Verfasser wieder. Der Herausgeber ist für den Inhalt nicht verantwortlich. 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Konzeption, Artdirection und Redaktionsleitung [flow] Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Sven Fischer & Marc Oehme Mail: info@flow-united.de Net: www.flow-united.de die sich maximal über einen Monat er- strecken dürfen, einer vorher definier- ten Wartefrist gleich. Regelungen die- ser Art kennen die Anleger bereits von Immobilienfonds, wo sie seitens des Gesetzgebers sogar grundsätzlich, und zwar in Höhe eines Jahres, vorgeschrie- ben werden. Beide Maßnahmen, „Redemption Ga- tes“ wie auch die „Rückgabefristen“, sollen das Liquiditätsmanagement von Fonds in Stressphasen vereinfachen. Sie erscheinen nicht nur mit Blick auf die hohe Volatilität der Zahlungsströ- me, die gerade wieder während der Corona-Krise zu beobachten war, als Weiterentwicklung der Fondsidee. Sie könnten sich auch insofern als zusätz- liche Schutzmechanismen erweisen, als sich viele Fondsmanager auf der Suche nach Renditen immer öfter in engeren Marktsegmenten und illiquiden Anlage- klassen engagieren. Teilfonds für Sachwertfonds Während Organismen für gemeinsa- me Anlagen in Wertpapieren (OGAW) schon seit Langem haftungs- und ver- mögensrechtlich getrennte Teilgesell- schaftsvermögen bilden dürfen, wird dieses Recht In- vestmentaktien- gesellschaften mit fixem Kapital und geschlosse- nen Investment- kommanditge - sellschaften nun erst eingeräumt. Der Schritt vereinfacht die Administration und spart Kosten. Versuch einer kritischen Würdigung Die avisierte „Stärkung des Fonds- standortes Deutschland“ im Zuge die- ser Novellierungen sollte weniger als Vorteil denn vielmehr als Beseitigung früherer Diskriminierungen verstanden werden. Optionen dieser Art existie- ren in manch anderem europäischen Fonds-Domizil, zu dem Deutschland im Wettbewerb steht, schon lange. Und vor ebendiesem Hintergrund empfiehlt es sich auch nicht erst seit heute, als Berater oder Investor regelmäßig das Kleingedruckte in den allseits so „ge- liebten“ Prospekten zu lesen – geht die schrittweise eingeräumte Individualität der Fondskonstruktionen eben doch zulasten der viel gepriesenen Standar- disierung der Publikumsfonds im Mas- sengeschäft. Anders formuliert: Die rechtlichen Ausgestaltungen, in denen Asset-Management unter den Begrif- fen „OGAW“ und „Publikumsfonds“ verpackt wird, können sich in wesent- lichen Details unterscheiden, die man kennen sollte. << Herstellung Westdeutsche Verlags- und Druckerei GmbH Kurhessenstraße 4-6 64546 Mörfelden-Walldorf Net: www.wvd-online.de Schlusskorrektorat correctus e. K. Mail: info@correctus.de Coverbild © ASDF - stock.adobe.com © Ingo Bartussek - stock.adobe.com
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