insider Ausgabe 03/2020 Online

bestände besser zu verringern. Als die Aktienkurse sich ihrem Tief näherten, schossen die Kurse sicherer Staatsan- leihen im Kurs gerade nach oben. Rück- blickend wäre also das Gegenteil richtig gewesen: Mitte März den Kursanstieg bei Anleihen zu nutzen, um mit dem Verkaufserlös billig Aktien zu kaufen. Doch das gelang in der Ausnahmesitu- ation nur wenigen antizyklisch handeln- den Fondsmanagern. Aktive Chancen und Risiken Natürlich lassen sich auch Beispiele für aktiv gemanagte Fonds finden, die das Beste aus den Turbulenzen gemacht haben, also die Verluste im März be- grenzt, die Erholung dann aber gut ge- nutzt haben. Ihnen stehen allerdings nicht wenige Beispiele für aktiv gema- nagte Fonds gegenüber, die vom Crash „auf dem falschen Fuß erwischt“ wur- den, dann aber die Kurserholung nur unterproportional nutzen konnten. Insbesondere das aktive – und prak- tisch prozyklische – Risikomanagement wurde einigen Fonds in dieser außerge- wöhnlichen Situation zum Verhängnis: Die Kursverluste in der ersten März- hälfte lösten Sicherungsmechanismen aus. Mischfonds, die mit Risikobudgets für Asset-Klassen arbeiten, mussten Aktien in den Kursrutsch hinein verkau- fen. Auch Stoploss-, Momentum- und Trendfolgestrategien führten im März zu Verkäufen, die den Crash verstärk- ten. Signale für einen Einstieg nahe der Tiefs im März gab es dagegen wenige, allenfalls aus der Sentiment-Analyse. Zur Ehrenrettung aktiver Fondsmanager muss man festhalten, dass sehr viele von ihnen den Crash als Kaufgelegen- heit erkannt haben. In der praktischen Nutzung dieser Kaufgelegenheit erwie- sen sich oft sogenannte Investment- boutiquen als schneller. Viele erfahrene Fondsmanager reduzierten nahe der Tiefs die Barreserven in ihren Fonds, stockten bestehende Aktienpositionen auf oder nahmen Aktien neu ins Portfo- lio, die zuvor zu teuer waren. Große Investmentgesellschaften han- delten tendenziell träger. In ihren Gre- mien standen im März, aber auch noch im April und Mai die verheerenden Auswirkungen auf die Weltwirtschaft im Vordergrund und verhinderten grö- ßere antizyklische Aktienkäufe. Eine so schnelle Kurserholung, wie sie dann stattfand, hat viele Fondsmanager überrascht. Im April überwog noch die Ansicht, die Tiefs aus demMärz würden zumindest nochmal getestet. Im Mai vermuteten viele zumindest nochmal Kursrückgänge, die ein „zweites Bein“ bilden würden. Dass dieses bislang ausblieb, zwang unterinvestierte Ak- tienfonds schließlich doch den Kursen „nachzulaufen“. ETFs profitieren von alten Favoriten ETFs sollten ihre Vorteile eher in lan- gen Phasen tendenziell steigender Börsen ausspielen können. Auch der Kostenvorteil macht sich erst über län- gere Zeiträume bemerkbar. 100 bis 150 Basispunkte Kostenvorteil pro Jahr machen in fünf Monaten vielleicht 0,5 Prozent Performanceunterschied aus. Bei einer Berg- und Talfahrt um hohe zweistellige Prozentsätze war dies also kein entscheidender Vorteil. Wichtiger für das Abschneiden von indexfolgen- den Fonds ist, dass sich schon länger bestehende Trends fortsetzen, weil die Gewichtung von Ländern und Bran- chen in der Regel der Marktkapi- talisierung folgt. So wuchs der Anteil von US- Aktien im MSCI World auf rund 60 Prozent und die am höchsten gewichteten Einzeltitel bei weltweiten Aktien-ETFs sind in der Regel die US- Technologiekonzerne Alphabet, Apple und Microsoft. Branchen und Länder, die schon in den Jahren vor der Krise schlechter abgeschnitten hatten und deshalb geringeres Gewicht in Aktien- indizes erhalten hatten, gehörten im Crash zunächst zu den größeren Verlie- rern. Denn aus Sorge um die Weltkon- junktur gerieten einmal mehr zyklische Aktien stärker unter Abgabedruck. Für die ersten fünf Monate dieses Jahres verzeichnet der MSCI World Value einen Rückgang um 17,4 Prozent, während der MSCI World Growth mit 1,7 Prozent sogar ein kleines Plus vorweisen kann. Die weit geöffnete Schere zwischen Substanz- und Wachstumsaktien zeigt, dass für das Abschneiden im laufenden Jahr die Frage nach aktiv oder passiv weniger wichtiger war als die Frage nach der Strategie. Fazit: Auch in den ersten fünf Mona- ten dieses Jahres konnten die Mehrheit und der Durchschnitt aktiv gemanagter Fonds vergleichbare passive Invest- ments nicht schlagen. Insbesondere Mischfonds taten sich mit dem turbu- lenten Umfeld schwer. Man sollte al- lerdings bedenken, dass ein ganzes Bündel glücklicher Umstände dazu beigetragen hat, dass die Bilanz vie- ler ETF-Anleger noch so gut aussieht: Dazu gehören die ungewöhnlich stark ausgeprägte Erholungsrallye und die zumindest bis Mai anhaltende relative Stärke der hoch gewichteten US-Tech- nologieaktien. << 24

RkJQdWJsaXNoZXIy OTE4MzI3