insider Ausgabe 03/2020 Online

Einkommenseinbußen berechtigte Sorgen um bestehende Finanzierungen hatten. Andererseits brauchten natürlich auch Neukunden vielseitige Hilfen, um die bestmögliche Bau- finanzierung zu erhalten. Bereits vor der Corona-Krise wur- den viele Beratungs- und Vermittlungsprozesse mittels guter Plattformen auf dem digitalen Weg erledigt (lesen Sie hierzu den Artikel „Qualifizierte Baufinanzierungsberatung: ohne Plattformlösung kaum noch möglich“ in der insider Ausgabe 01-2020). Bedingt durch den Aufruf zum Social Distancing hat das Thema Digitalisierung weiteren Schub erhalten. „Viele Vermittler haben z. B. für eine gewisse Zeit komplett auf das Beratungsgespräch per Videotool umgestellt. Ban- ken wiederum verzichteten unter anderem auf Innenbesichti- gungen vor Vertragsunterzeichnung und boten verstärkt das Post-Ident-Verfahren an, über das sich Kunden legitimieren konnten. Eine rein digitale Baufinanzierung ist also bereits fast zu 100 Prozent möglich – auch wenn zurzeit der Vertrag noch in Papierform hin- und hergeschickt wird. Ich denke, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis auch dieser Schritt entfällt“, so André Lichner , Geschäftsführer der Prohyp GmbH. Auch Matthias Rother , Vorstandsvorsitzender der HYPOFACT AG, bestätigt den massiven Schub in Richtung digitalbasierter mmobilien bleiben teuer. So informierte das Statistische Bundesamt (Destatis), dass die Preise für Wohnimmobi- lien in Deutschland im ersten Quartal 2020 durchschnitt- lich 6,8 Prozent höher als im ersten Quartal 2019 waren. Laut Destatis-Angaben verteuerten sich Wohnimmobilien sowohl in der Stadt als auch auf dem Land. Die Preise in den sieben größten Metropolen (Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf) sind bei Ein- und Zweifamilienhäusern um 9,5 Prozent und bei Eigentumswoh- nungen um 7,4 Prozent angestiegen. Selbst Corona hatte kaum Einfluss auf die Preisentwicklung, wie Daten des sog. Europace-Hauspreis-Index (EPX) zeigen (siehe Abb. 1). So ist der Gesamtindex im April 2020 gegen- über dem Vormonat um 0,70 Prozent auf 176,07 Punkte ge- stiegen. Besonders der Preis von Häusern hat dabei weiter an Fahrt aufgenommen (siehe Abb. 2). Trotz Kurzarbeitergeld und Lockdown konstatieren demnach auch die Anbieter von Baufinanzierungen keinen Nachfragerückgang. „Zu Beginn der Corona-Epidemie ist das Geschäft amMarkt leicht zurück- gegangen. Doch die kleine Delle wurde im Nachgang schnell wieder ausgebügelt. Das haben sowohl Plattformen als auch wir festgestellt“, so Thomas Hein , Leiter Vertrieb Immobilien- finanzierung bei der ING Deutschland. Weiter erklärt er: „Aktuell sehen wir keine Veränderungen an dem Verhalten unserer Kunden. Die Nachfrage ist auch in diesen Zeiten höher als das Angebot, was zur Folge hat, dass sich an den Preisen für Immobilien nur wenig ändert.“ Hinzu kommt, dass Investoren und Notenbanken innerhalb der Corona-Krise verstärkt auf Anleihen setzten. Dies hat die Rendite für Anleihen belastet. In der Konsequenz verharrte der Zins für Baufinanzierungen weiter auf niedrigem Niveau. Schlussendlich bieten die Zinsen Erst- und Anschlussfinan- zierern aktuell sehr gute Rahmenbedingungen. Corona als Digitalisierungstreiber Folglich hatten Berater weiter viel zu tun. Einerseits benö- tigten Bestandskunden Hilfe, die etwa aufgrund möglicher 30 Obgleich einige Menschen in Deutschland wegen der Corona- Epidemie Einkommenseinbußen erleiden mussten, hat die Nachfrage nach Immobilien nicht gelitten. Es werden weiter Wohnungen und Häuser gekauft. Aufgrund der Corona- Umstände stand die Beratung zuletzt unter dem Motto „Digital statt persönlich“. Bleibt die Frage, in welchem Ausmaß sich die digitale Abwicklung künftig durchsetzen wird. gleichermaßen digital und damit in der heutigen Zeit sehr gut beraten. Natürlich gibt es auch Tools wie die Online-Prolon- gation, die für Kunden und Vermittler den Prozess in gleichem Maße vereinfachen und beschleunigen. Gleichzeitig stellen wir unseren Vermittlern eine ständig wachsende Produktpa- lette zur Verfügung, die – und das ist der gemeinsame Nenner von Lendico Firmenkrediten, Ratenkrediten, Versicherungen und McMakler Immobilienangeboten – allesamt eine digitale Basis haben“, so Hein. Digitale Beratung fast ohne Probleme Innerhalb des gesamten Immobilienkauf- und Finanzierungs- prozesses scheint lediglich der notarielle Kaufvertrag weiter- hin ein persönliches Miteinander zu verlangen. Alles andere wäre – zumindest theoretisch gesehen – durchaus komplett digital umsetzbar. „Verträge, Teilungserklärungen, Grund- risse und weitere Schriftstücke lassen sich gegebenenfalls von jedem einzeln bearbeiten und hin- und herschicken. Wie komfortabel das mitunter ist, steht auf einem anderen Blatt“, erklärt Lichner. Auch virtuelle Objektbesichtigungen finden inzwischen statt. Via Smartphone kann dabei Raum für Raum der gewünschten Immobilie angeschaut werden. „Selbst ein Gutachter kann Objekte unter bestimmten Voraussetzungen zwischenzeitlich virtuell begehen – wenn auch nur in der ak- tuellen Situation. Aber auch das ist ein Signal in die richtige Richtung“, erklärt Hein. In Bezug auf den digitalbasierten Finanzierungsprozess be- richten Vermittler dennoch von einigen Stolpersteinen an der einen oder anderen Stelle. Stellvertretend für die befragten Vermittler erklärt etwa Rother: „Für die Arbeit eines Beraters oder Vermittlers ergibt sich aus den vielfältigen technischen Möglichkeiten oft die Herausforderung der Systembrüche. Je mehr Systeme ich einsetze, desto aufwendiger wird die Nut- zung. Hinzu kommen natürlich auch alle Fragen, die mit der Datensicherheit und dem Datenschutz zu tun haben. Gleich- zeitig ist es aber auch weiterhin so, dass die Banken sich sehr unterschiedlich aufstellen. Das betrifft die Bewertungsfragen ebenso wie die Art, in der die Kommunikation und Datenver- waltung erfolgt. Trotz aller Plattformen bleibt da viel Raum für unterschiedliche Arbeitsweisen.“ Wie gehabt: König Kunde entscheidet Schlussendlich muss zudem der Kunde des Vermittlers be- stimmen, in welchem Ausmaß der Immobilienkauf- und Bau- finanzierungsprozess digital ablaufen soll. „Ich bin überzeugt, dass sich die meisten unabhängig aller technischen Möglich- keiten weiterhin für die persönliche Beratung ‚von Angesicht zu Angesicht‘ entscheiden werden – aber digitale Tools nicht missen möchten“, so Lichner. Und Rother bekräftigt, dass Kunden künftig verstärkt die Fachkompetenz und die techno- logischen Bausteine eines Vermittlers im Rahmen eines hyb- riden Beratungsmodells favorisieren werden. << Kundenberatung und -kommunikation: „Eine der Erkenntnisse aus Homeoffice, Webmeetings und der aktiven Nutzung un- serer neuen digitalen Infrastruktur für Vermittler ist, dass viel mehr gut funktioniert und möglich ist, als man denkt. Trotz- dem brauchen wir auch weiter den direkten Kontakt vor Ort. Schon aus sozialen Gesichtspunkten. Trotzdem – unsere Ar- beit wird auch nach ‚Corona‘ mit Sicherheit digital flexibilisier- ter weitergehen.“ In diesem Zusammenhang bekräftigt Hein, dass die Bereitschaft zur digitalen Beratung bei den Vermitt- lern in den letzten Wochen stark zugenommen hat: „Das wird sich auch nach der Krise weiter fortsetzen. Wir haben alle ge- meinsam gelernt, dass die kontaktlose Beratung ein adäqua- ter und effizienter Weg nicht nur durch die Krise, sondern auch zum Erfolg ist.“ So bietet die ING Deutschland Kunden im Direktgeschäft schon lange Zeit die sog. Liveberatung, also Screen-Sharing, an. Diese Erfahrungen kommen nun dem Vermittlergeschäft zugute. „Ob Liveberatung via Bildschirm- Sharing, Dokumenten-Upload oder Online-Legitimation per Video – unsere Kunden sind direkt und über unsere Vermittler 31 Quelle: EUROPACE Finanzmarktplatz Abb. 1: Hauspreisindex EPX (Stand: 04/2020) Quelle: EUROPACE Finanzmarktplatz Abb. 2: Die Entwicklung der EPX-Preisindizes im Detail 170 160 150 140 130 120 110 100 90 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 © Robert Kneschke - stock.adobe.com

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