30 KAPITALANLAGEN © Tangtong – stock.adobe.com Mehr Netto vom Brutto für die Altersvorsorge Wer weniger Vermögensungleichheit will, muss rentierlichere Kapitalanlage wollen – und er sollte den Menschen ermöglichen, selbst mehr Vermögensbildung und Altersvorsorge zu betreiben. So fällt auf, dass beim Alterseinkommen in Deutschland das Renteneinkommen mit knapp 70 Prozent dominiert, das Kapitaleinkommen aus betrieblichen und privaten Renten hat einen Anteil von knapp 14 Prozent. Dabei zeigt sich eine Dominanz des Einkommens aus der gesetzlichen Rente, wie sie nur von Frankreich und Österreich überboten wird. In den Niederlanden z. B., einem Land, das sehr stark und sehr lange schon auf Kapitaldeckung setzt, kommen etwas mehr als 45 Prozent aus der privaten Vermögensbildung (Abb. 2). Die Beiträge von Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur gesetzlichen Rentenversicherung belaufen sich (Stand: 2024) auf zusammen 18,6 Prozent des Bruttoeinkommens. Würde es den Arbeitnehmern schrittweise ermöglicht, ihre Beiträge zu reduzieren und in eine kapitalgedeckte, private Vorsorgelösung zu investieren, könnten sie unmittelbar eigenes Vermögen aufbauen, da ihre Sparfähigkeit steigen würde, statt auf – der politischen Willensbildung unterworfene – Rentenzahlungen im Alter zu vertrauen. Sie könnten eine höhere Rendite erwarten und gleichzeitig würde die Ungleichheit sinken, denn was bei der Vermögensungleichheit übersehen wird, ist, dass diese durch die gesetzliche Rente höher ausfällt, als sie eigentlich ist. Tatsächlich wird mit den Rentenbeiträgen kein eigenes Vermögen gebildet, es entstehen vielmehr nur Ansprüche. Anders die private Kapitalanlage. Wer selbst vorsorgt, wie z. B. die Selbstständigen, baut eigenes Vermögen auf, das in den Gini-Koeffizienten als Maß für die Ungleichheit einfließt. Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte bilden mit den Rentenbeiträgen von sich und ihren Arbeitgebern dagegen kein Vermögen. Würden die Ansprüche aus der gesetzlichen Rente kapitalisiert und als Vermögen zugerechnet, würde die Vermögensungleichheit sinken. Werden die Vermögen um Vermögensäquivalente erweitert, die sich als Barwerte der erworbenen Anwartschaften und Bezüge aus umlagefinanzierten und kapitalgedeckten Sicherungssystemen errechnen, sinkt der Vermögens-Gini um rd. 22 Prozent von knapp 0,8 auf rd. 0,6, wie aus einer Studie des iw hervorgeht. Mehr Netto vom Brutto wäre damit ein wichtiger Beitrag zur Vermögensbildung und gegen die Ungleichheit. Wenn also das Bundesfinanzministerium jetzt vorhat, private Aktienanlagen bis zu einer Höhe von 3.000 Euro p. a. zu fördern und erst im Alter nachgelagert zu besteuern, ist das der richtige Weg. Zu hoffen ist, dass die Beträge aus verringerten Beiträgen für die gesetzliche Rente eingebracht werden können. 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 % Österreich Frankreich Deutschland Schweden Japan Dänemark Niederlande UK Schweiz USA Kanada Israel 82,2 78,1 68 51,6 50,1 44,8 42,7 41,9 41,1 39,3 37,6 35,3 4,4 15 13,9 31,4 9,6 38 45,4 43,9 43,8 28,8 41,4 35,8 13,4 6,9 18,1 17 40,3 17,2 11,9 14,2 15,1 31,9 21 28,8 Abb. 2: Einkommensquellen der älteren Bevölkerung, Anteile in Prozent des gesamten Bruttohaushaltseinkommens (inkl. Transferzahlungen) Quelle: OECD; AllianzGI Global Capital Markets & Thematic Research. Stand: 09/2024 Staatliche Renten Kapitalgedeckte betriebliche und private Renten Arbeitseinkommen 0 20.000 40.000 60.000 80.000 100.000 120.000 BIP pro Kopf 110 90 70 50 30 10 Abb. 3: Wirtschaftliche Freiheit und Wohlstand Quelle: Wirtschaftlicher Freiheits-Index (Heritage Foundation) und OurWorldInData.org; AllianzGI Global Capital Markets & Thematic Research, Stand 2022 Wirtschaftliche Freiheit R2 = 0,5513
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