insider Magazin Ausgabe 4

10 sächlichen Bedürfnissen. Hier ist die persönliche Beratung zielführender. Der Berater kann auf jeden Kunden indivi- duell eingehen und eine maßgeschnei- derte Lösung anbieten. Rolf Schünemann: Online-Vertrieb, TV-Werbung, Apps und Vergleichs- plattformen: Wie wichtig ist der Mak- ler in dieser Gemengelage für den Ver- triebsmix der Zukunft? Stephan Schinnenburg: Sehr wichtig! Der Makler ist fester Bestandteil unserer Vertriebsstrategie. Bei ernsten Themen wie bspw. der Pflegevorsorge kann kei- ne Maschine, keine App und keine Ver- gleichsplattform das persönliche Ge- spräch mit einem Menschen ersetzen. Deshalb bin ich der Überzeugung, dass der Vertriebsweg „Makler“ nicht nur be- stehen bleibt, sondern in Zukunft sogar an Wichtigkeit gewinnt. Rolf Schünemann: Allgemein konnten wir im Versicherungsbereich zuletzt feststellen, dass sich einige Online- Anbieter, deren Geschäftsmodell zu- nächst auf möglichst beratungsfreies Direktgeschäft ausgelegt war, inzwi- schen dem Makler als Unterstützung „öffnen“. Ist der beratungsfreie Ver- kauf demnach doch nicht so einfach wie gedacht? Stefan Liebig: Möglicherweise haben diese Marktteilnehmer gewisse Um- stände wie die Regulatorik oder das Kundenverhalten an sich falsch ein- geschätzt. Wie vorhin schon erwähnt, hat sich das Online-Geschäft nur in den eher einfacheren Sparten, die in abso- luten Beträgen auch weniger Ertrag abwerfen, durchgesetzt. Insofern hat sich zwangsläufig die Notwendigkeit ergeben, das Geschäftsmodell zu ver- ändern, wenn man betriebswirtschaft- lich bestehen will. Das ist aber eine nor- male Entwicklung und demzufolge auch völlig legitim. Positiv an dieser ganzen Entwicklung ist die Tatsache, dass die- se neuen Marktteilnehmer die Branche eine Zeit lang „vor sich hergetrieben“ haben. Dadurch entstand Dynamik und das notwendige Bewusstsein für Ver- änderung. Holger Kreuzkamp: Gerade im Versi- cherungsbereich sind Online-Anbieter an ein regulatorisches Korsett gebun- den. Komplexe Prozesse und Informati- onen sowie die wegen der gesetzlichen Vorgaben kaum vermeidbaren Medien- brüche verhindern den schnellen Ab- schluss. Ein zusätzlicher Grund für den Kurswechsel sind hohe Marketingkos- ten. Viele Start-ups setzen zu Beginn auf Suchmaschinen und soziale Netz- werke, weil man hier mit im Verhältnis geringen Mitteln vergleichsweise viel Reichweite bekommt. Die Klickraten und Abschlussquoten sehen dann aller- dings häufig nicht so positiv aus. Viele kommen im Geschäftsverlauf dann zu der Erkenntnis, dass ihr eigentlicher Business Case wohl doch nicht so ein- fach aufgeht, und suchen dann zuneh- mend die Kooperation mit den etablier- ten Vertriebskanälen. Rolf Schünemann: Bieten sich dahin- gehend Kooperationen mit Insur- oder FinTechs an? Ralf Berndt: Kooperationen sind oft- mals grundsätzlich sinnvoll. Unser Schwerpunkt als Maklerversicherer liegt klar auf der Zusammenarbeit mit freien Vermittlern, sowohl aus dem Standard- als auch aus dem digitalen Bereich. Den Nutzen von Kooperationen prüfen wir in jedem Einzelfall immer wieder neu. Da- bei ist u. a. auch entscheidend, ob die Marken und die Images der Kooperati- onspartner zueinander passen. Rolf Schünemann: Derzeit investieren Banken viel Geld in neue Plattformlö- sungen, auf denen Bankkunden nicht nur klassisches Bankgeschäft durch- führen, sondern auch Versicherungen, Fonds, Strom u. v. m. vergleichen und abschließen können. Was halten Sie von diesem Angebot? Luca Pesarini: Solche Plattformlösun- gen funktionieren für Geschäftsmodelle, in denen die Beratung nicht zwingend erforderlich ist, da standardisierte und einfach konzipierte Produkte ange- boten werden. In der Versicherungs- branche, bspw. bei den Angeboten der Deutschen Familienversicherung, ist dies durchaus eine gute Idee. Die Fi- nanzbranche muss sich zunächst ein- mal einer Herausforderung stellen: Wie schaffen auch wir es, unsere einfach strukturierten Produkte auf diese Weise anzubieten? Ich bin mir sicher, für die Fi- nanzbranche liegen hier Chancen. Setzt man allerdings in seinem Geschäfts- modell nur noch auf diese Instrumente, um mit Kunden in Verbindung zu sein, dann verliert sich das Persönliche, das „people’s business“. Es erschwert darü- ber hinaus auch die Kundenakquise. Rolf Schünemann: Wir halten als Zwi- schenfazit fest, dass der Makler auch im Zeitalter der Digitalisierung wichtig bleibt. Doch was können die Versiche- rer für die Makler tun, wo müssen die Unternehmen ansetzen, um dem Mak- Martin Gräfer ist seit 2010 Vorstandsmitglied der Versicherungsgruppe die Bayerische. Seit Januar 2015 ist Gräfer Vorsitzender des Vorstands der Bayerische Beamten Versicherung AG. Er verantwortet die Ressorts Komposit Betrieb, Unternehmenskommunikation, Vertriebsmanagement, Vertriebswege, Servicecenter, Betriebsorganisation, Marketing, IT und Digitalisierung. Der 1860er - Löwen-Fan blickt auf rund 35 Jahre Erfahrung im Versicherungswesen zurück. © Funtap - stock.adobe.com

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