insider Magazin Ausgabe 4

© MANUEL DEBUS 31 Doch nicht nur die Entscheidungen der Euro-Währungshüter sorgen für Kopfschütteln bei manchen Ökono- men. Auch die Botschaften der US- Notenbank machen nachdenklich. Der Druck des Weißen Hauses scheint nicht vollständig an der unabhängig handelnden Fed abgeprallt zu sein. So wurde kürzlich der Leitzins um 25 Ba- sispunkte gesenkt; obgleich bereits im Juli der Zins (zum ersten Mal seit 2008) abgestuft wurde. Der Leitzins liegt nun in der Spanne von 1,75 bis 2,00 Pro- zent. Mit Blick auf die Entwicklungen in Saudi Arabien und den Handelsstreit mit China fällt der Zinsentscheid in eine Zeit erhöhter Nervosität an den Börsen. Daneben hat die FED den Interbanken- geschäften mittels einer kurzfristigen Transaktion insgesamt 53,15 Mrd. Dol- lar bereitgestellt – die erste Finanzsprit- ze seit der Finanzkrise 2008. Bleibt kurzum die zentrale Frage da- nach, welche Auswirkungen die anhal- tende Niedrigzinspolitik u. a. auf Privat- sparer wie auch Unternehmen hat und wie diese künftig bei ihrer Anlagetaktik verfahren sollen. Und welche Auswir- kungen wird das anhaltende Niedrig- zinsszenario auf das Rentensystem und die Volkswirtschaft in Deutschland ha- ben? Welche Rolle werden diesbezüg- lich Fonds künftig innerhalb der Anlage- strategie von Privat- und Firmenkunden einnehmen? Zu diesem spannenden Themenkomplex diskutierte Gastge- ber Dr. Frank Ulbricht , Vorstand BCA AG und BfV Bank für Vermögen AG, mit ausgewiesenen Experten im auf- schlussreichen -Talk. Dr. Frank Ulbricht: Zum Einstieg ge- fragt: Glauben Sie an ein Ende der Niedrigzinsphase in den kommenden fünf bis zehn Jahren? Sehen Sie Ten- denzen, die dafür oder dagegen spre- chen? Felix Herrmann: Derzeit ist kein Ende der Niedrigzinsphase abzusehen. Im Gegenteil. Kurzfristig deuten volkswirt- schaftliche Indikatoren auf eine baldige Rezession hin, sodass eine noch locke- rere Geldpolitik zu erwarten ist, was wiederum für ein insgesamt niedrigeres Zinsniveau spricht. Langfristig gese- hen gibt es zahlreiche Gründe für eine weiter anhaltende Niedrigzinsphase. Neben einem sich verlangsamenden Potenzialwachstum sorgt der globale Überschuss an Ersparnissen gegen- über den Investitionsmöglichkeiten für fallende Zinsen. Langfristig erscheint in Felix Herrmann betreut seit 2016 als Investment- Stratege (CFA) bei BlackRock Kunden in Deutschland, Österreich und Osteuropa. Um BlackRock-Kunden zu jedem Zeitpunkt eine tiefgreifende Markteinsicht zur Verfügung zu stellen, arbeitet er zudem in intensivem Austausch mit allen Geschäftsbereichen zusammen und stellt diesbezüglich makroökonomische Prognosen und Investmentideen zur Verfügung. Zuvor war er über viele Jahre bei der DZ Bank AG als Fixed Income Strategist tätig. den USA ein nominales Zinsniveau von 2,5 Prozent plausibel. Da das Produkti- onspotenzial in Europa unter dem der USA liegt, dürfte das langfristige Zins- niveau hier bei uns sogar noch etwas darunter liegen. Patrick A. Kaiser: Die erwartete Zins- wende in diesem Jahr hat eine andere Richtung eingeschlagen als gedacht. Und so ist das Renditeniveau in der Eurozone noch weiter abgefallen und inzwischen rentieren sogar 30-jährige deutsche Staatsanleihen negativ. Nicht zuletzt aufgrund der Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in der Eu- rozone ist nicht zu erwarten, dass sich dieses Umfeld kurzfristig ändert. Das Institut der deutschen Wirtschaft prog- nostiziert sogar, dass uns das Niedrig- zinsumfeld bis 2050 begleiten wird. Die Folge ist, dass Staaten für das Anhäu- fen von Schulden quasi belohnt wer- den, während Sparern eine schleichen- de Enteignung ihrer Ersparnisse durch die Inflation droht. Von Strafzinsen gar nicht erst zu reden. Hier sind Asset-Ma- nager gefordert, Lösungen zu bieten, die Sparern eine Brücke zum Kapital- markt bauen und damit die Ertragskraft stärken können. Dr. Frank Ulbricht : Wie beurteilen Sie die bisherigen Maßnahmen der EZB und der Fed? Wie ist es um Steuer- möglichkeiten der Notenbanken be- stellt bzw. sehen Sie noch Handlungs- spielraum? Axelle Pinon: In Europa kündigte Mario Draghi mit der Senkung des Hauptein- lagenzinses um 10 Basispunkte auf minus 0,5 Prozent eine neue Welle von Asset-Käufen, einen Einlagen- Tiering-Mechanismus und einen für

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