insider Magazin Ausgabe 4
und individueller Bewertungen. Auch die Integration von ESG-Kriterien in die Invest- mentprozesse kann sehr unterschiedlich sein. In der Praxis haben sich bereits eini- ge Konzepte herausgebildet: Die meisten nachhaltigen Anlagestrategien basieren auf Ausschlusskriterien. Generell führt bereits das Vorhandensein eines einzigen der fest- gelegten Negativmerkmale zur Streichung der Wertpapiere des entsprechenden Emit- tenten aus dem Anlageuniversum. Als pro- blematisch hat sich dabei die Festlegung von Schwellenwerten erwiesen, wonach ein Negativmerkmal erst als gegeben be- trachtet wird, wenn der Geschäftsumfang einen festgelegten Schwellenwert erreicht bzw. überschreitet, meist einen bestimmten Prozentsatz der Umsatzerlöse. Soll bspw. die Aktie eines Mikrochipherstellers aus- geschlossen werden, wenn fünf Prozent seiner Umsatzerlöse aus dem Verkauf von Elektronik an Waffenhersteller resultieren? Noch nicht ganz so häufig als nachhaltige Anlagestrategie ist eine sogenannte „ESG- Integration“, also die positive Würdigung der Beachtung von Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsaspekten bei der Titelanalyse und dem Portfoliomanage- ment. Typischerweise erhalten Emittenten eine Art „ESG-Score“, der im Fall positiver Beiträge in den drei Bereichen besser aus- fällt und zu einer verstärkten Berücksich- tigung von Wertpapieren dieses Emitten- ten führen kann. Problematisch sind hier die sehr verschiedenen Dimensionen von ESG-Kriterien. Beispielsweise kann der US- Konzern Northrop Grumman einen über- durchschnittlichen Score bei „Governance“ vorweisen und sein Konkurrent Lockheed Martin einen überdurchschnittlichen bei „Environment“. Doch beides sind Rüs- tungskonzerne. In der Bedeutung aufgeholt hat „Enga- gement“ als nachhaltige Anlagestrategie. Diese besteht zumindest darin, dass po- tenzielle oder schon bestehende Investo- ren Emittenten auf vermeintliche Defizite bei ESG-Kriterien aufmerksam machen und in Unternehmenskontakten auf Ver- besserungen drängen. „Impact Investing“, also wirkungsorientiertes Investieren, liegt dann vor, wenn der mit einer Investition verbundene Einfluss, insbesondere in Form von Stimmrechten bei Aktiengesellschaften, mit der Absicht genutzt wird, neben einer positiven finanziellen Rendite auch positive Auswirkungen auf die Umwelt oder die Gesellschaft zu erzielen. Generell werden diese Wirkungsziele explizit festgelegt und geprüft, womit „Impact Investing“ über „Social Responsible Investing“ (SRI, s. o.) hinausgeht. Institutionelle Investoren und Fondsgesellschaften kombinieren meist meh- rere nachhaltige Anlagestrategien miteinander, insbesondere die Auswahl von Emittenten auf Basis von ESG-Kriterien und den Ausschluss von Titeln aufgrund von Negativkriterien. Fazit und Ausblick Entwicklung und Verbreitung nachhaltiger Geldanlagen ste- hen erst am Anfang, erleben aber aktuell einen rasanten Auf- schwung. Die Verschiedenartigkeit der Ansichten, Motive und Methoden der Investoren macht schnelle und einfache – weil einheitliche – Lösungen unmöglich und bleibt die große He- rausforderung für alle, die sich mit nachhaltigem Investieren beschäftigen. Und dazu wird in der Fondsbranche schon bald fast jeder gehören, denn zukünftig werden ESG-Themen nicht auf eine Minderheit von spezialisierten Nischenfonds be- schränkt sein, vielmehr wird jeder Fondsanleger und Fonds- manager gefragt werden, wie er es mit dem Thema Nachhal- tigkeit hält. << Dirk Arning Vorstand Drescher & Cie AG E-Mail: kontakt@drescher-cie.de Telefon: +49 2203 20299-0 41 Info: „ESG Tag“ der BCA AG >> Derzeit herrscht noch kein einheitliches Begriffsverständnis betreffend „nachhaltiger Geldanlagen“. Dies ist aber notwendig, damit ein Kunde weiß, auf welcher Grundlage er nachhaltig investieren kann, sofern er dies möchte. Als zentraler Punkt hierfür zählt daher die EU-Klassifikation, sprich Taxonomie, denn sie schafft Klarheit darüber, was unter einer nachhaltigen Geldanlage konkret zu verstehen ist. Eine praktikable europäische Taxonomie schafft darüber hinaus wichtige Impulse für die weitere Entwicklung nachhaltiger Finanzprodukte. Welche das sein können und inwieweit renommierte Unternehmen bereits heute nachhaltig investieren, wird Ihnen am ESG-Tag der BCA AG am 14. November 2019 in den Räumlichkeiten der Frankfurt School of Finance & Management detailliert erläutert. Interesse? Wir freuen uns über Ihre Teilnahme. Anmeldung erbeten unter: www.bca.de/esg
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