insider Magazin Ausgabe 4
47 Zug auf. Manche Gesellschaft rudert zurück und belässt es etwa beim Thema Abrech- nungen oder Kommunikati- on mit dem Kunden bei den bewährten Methoden. Selbst das Gesundheitsministerium formuliert seinen Gesetzestext in Bezug auf die „App auf Re- zept“ überaus vorsichtig. Apps, die ggf. vom Arzt empfohlen werden können, müssen nach einem datenschutzrechtlichen Prüfstand zunächst zwölf Mo- nate in Probezeit, bevor im Anschluss mit den Kassenver- bänden die Vergütung ausge- handelt wird. Auf der anderen Seite nimmt das Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen deutlich an Fahrt auf. Verbunden damit sind insbesondere einzelne InsurTech-Start-ups, die kom- plexe Prozesse im Gesundheitswesen aufbrechen, verein- fachen und digitalisieren wollen. Vonseiten der privaten Krankenversicherung wurde kürzlich vermeldet, dass man mit dem Venture-Capital-Fonds „heal capital“ ausgewählte Start-up-Unternehmen fördere, die digitale Innovationen für die Gesundheitsversorgung entwickeln. Der Fonds wird sich z. B. auf Bereiche wie digitale Gesundheitsanwendungen, Te- lemedizin, digitale Prävention und Digitalisierung der Pflege fokussieren. Dabei ist der Markt in Deutschland für Entwickler durchaus herausfordernd. Exemplarisch hierfür sei die Gesundheits- App Vivy zu nennen, die von mehreren gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen vor rund einem Jahr ins Le- ben gerufen wurde. So sollen Patienten mit dem Tool ihre Gesundheitsdaten selbst verwalten können. Zeitnah nach Start rügten Datenschutzexperten, dass die App erhebliche Mängel aufweisen würde. Die Entwickler stritten dies empört ab und korrigierten letztlich aber dann doch alle aufgedeck- ten Sicherheitslücken. Dennoch ist das Tool zwischenzeitlich als erfolgreich einzustufen: Stand heute können 17 Mio. Pa- tienten Daten und Dokumente mit ihrem behandelnden Arzt austauschen. Mehrwert muss erkennbar sein Wie muss demnach eine Gesundheits-App sein, damit sie an- genommen wird? Einerseits muss sie erstklassig den Daten- schutz erfüllen. Darüber hinaus muss sie ärztliche Kompetenz und digitale Effizienz miteinander verbinden. Mehr als jeder zweite Teilnehmer der Continentale-Studie glaubt etwa, dass künstliche Intelligenz eine Diagnose für Patienten erstellen kann – dennoch würde man einen Arzt um eine zweite Di- agnose bitten (s. Infografik 2). Der Mix „Fachmann und digi- tale Vorteile“ macht demnach den Mehrwert aus. Als ein Beispiel hierfür sei Te- lekonsil genannt: Medizinisch- technische Assistentin führen Hausbesuche durch, erheben medizinische Parameter und schalten bei Bedarf den Arzt per Telekonsil dazu. Das Sys- tem vernetzt das Gesund- heitswesen und verbindet die Vorteile von ärztlicher Fach- kompetenz mit digitaler Pro- zessoptimierung und sozialer Betreuung. Ein weiteres vorteilhaftes Testfeld ist der Telenot- arzt, der unabhängig vom Einsatzort durch den Arzt oder Ret- tungsdienst mittels BodyCam vor Ort in den laufenden Ver- sorgungsprozess eingebunden werden. Des Weiteren können Daten aus den medizinischen Geräten am Unfallort direkt an den Arbeitsplatz des Telenotarztes übermittelt werden, der dann entsprechend Hilfestellung bieten kann. Hier entstehen digitale Win-win-Situationen. Aber auch andere Apps bieten ein Plus unter Berücksichti- gung des Datenschutzes und eines sensiblen und nutzen- effektiven Umgangs: So kann die neue Apple Watch neben biometrischen Daten den Standort und die Vitalfunktion des Trägers übermitteln und so z. B. in Alten- und Pflegeheimen als „Notfallsignal“ genutzt werden. Apple selber besitzt eine Zulassung auf ein Medikament, das kleinste Teilchen durch die Blutbahnen strömen lässt, um hierüber Blutzuckerspiegel und weitere Diagnosen an den Träger oder die Basisstation zu übermitteln. Schlussendlich ist die digitale Entwicklung nicht mehr aufzuhalten. Den Nutzeneffekt möge jeder selber beur- teilen, die Datenkontrolle möge jeder selber durchführen und sensibilisiert mit der Weitergabe verfahren. Die hohe Anzahl vieler positiver Ansätze und das zunehmende Interesse auf Verbraucherseite lassen indes auf einen hohen Nutzengrad der Digitalisierung im Gesundheitswesen hoffen. <<
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