insider Magazin Ausgabe 5

( B e n j a m i n F r a n k l i n ) 30 nfang Dezember hat Scholz seinen europäischen Amtskollegen einen finalen Gesetzentwurf zu der von ihm geplanten Finanztransaktionssteuer ge- sandt und sie um ihre Zustimmung ersucht. Demnach ist die Einführung der Transaktionssteuer in insgesamt zehn EU-Staaten (Deutschland, Belgien, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Österreich, Portugal, Slowenien und der Slowakei) für den Jahresbeginn 2021 geplant. Steuerbar (und zwar mit 0,2 Prozent) wären dann der Kauf und der Verkauf Aktien von Gesellschaften, deren Kapitalisierung 1 Mrd. Euro übersteigt. Inwieweit Aktienfonds und vergleichbare Mantel- lösungen wie bspw. Versicherungen von der Steuer betroffen wären, könnte jeder Staat individuell festlegen. Derivate und Anleihen blieben ausgenommen. Nicht nur, aber gerade auch an dieser Stelle, setzt die Kritik an. Schließlich entstand die Idee zu dieser Steuer im Umfeld der Finanzkrise 2008 und war eigentlich dazu gedacht, Spe- kulanten das Leben zu erschweren. Der aktuelle Entwurf träfe sie nun offenbar ganz bewusst nicht und konterkariert damit „Politik ist die Kunst, stets neue Gründe für neue Steuern zu ent- decken“, wusste einst der Unter- nehmer und Mathematiker Helmar Nahr. Dazu passt Otto von Bismarcks Ausführung, laut der „jede neue Steuer etwas erstaunlich Ungemütliches für denjeni- gen hat, der sie zahlen oder auch nur auslegen soll“. Womit wir bei Bundesfinanzminister Olaf Scholz wären, der dieser Tage seine Pläne zur Finanztransaktionssteuer vorantreibt und der überdies, wie viele andere Politiker auch, die Abgeltungssteuer lie- ber heute als morgen wieder durch eine Besteuerung der Kapital- erträge in Höhe der individuellen persönlichen Steuersätze ersetzt sehen würde. nicht nur die ursprünglichen Ziele, sondern auch die private Altersvorsorge in Deutschland. Branchenexperten schätzen dem Vernehmen nach, dass die neue Steuer die Sparer jährlich zwischen 0,1 und 0,4 Prozent kosten wird. Über- dies birgt sie Standortnachteile, da sie nicht einheitlich innerhalb Europas erhoben würde und damit zu Umgehungen an den internationalen Finanzmärkten einlüde. Was wiederum den Verdacht nahelegt, dass es hier einzig und allein um eine zusätzliche Besteuerung von Ka- pitalanlagen in Zeiten des Nullzinses geht. Die auf rund 1,5 Mrd. Euro geschätzten jährlichen Einnahmen aus der Steuer in Deutschland sollen, wie zu hören ist, der Gegenfinanzie- rung der Grundrente dienen. Bleibt zu hoffen, dass Scholz’ Pläne in den kommenden Wo- chen noch am bereits angezeigten Widerstand des Koaliti- onspartners und einzelner europäischer Kollegen scheitern. Indes ist die Einführung einer Transaktionssteuer, wie bereits erwähnt, nicht das einzige Damoklesschwert, das über den Kapitalanlagen hierzulande schwebt. Ginge es nach Scholz und dem „Seeheimer Kreis“ in der SPD, würde die Abgel- tungssteuer bereits in Bälde abgeschafft und die Kapitalein- künfte würden wieder dem persönlichen Einkommensteuer- satz unterworfen. Die Idee ist keineswegs neu und erfährt auch in anderen politischen Lagern Zustimmung. Schließlich gilt die Abgeltungssteuer vielen Politikern als ungeliebtes Mittel zur Bekämpfung der Steuerflucht, das seinen Zweck angesichts des fortschreitenden Informationsaustausches der Steuerbehörden europaweit nunmehr erfüllt hat und da- mit jetzt obsolet wird. Parteiübergreifend äußern bereits seit einiger Zeit schon verschiedene Politiker den Wunsch, im Rahmen der „Steuervereinfachung und -gerechtigkeit“ die Faktoren Arbeit und Kapital einheitlich, d. h. gleich hoch zu besteuern. © alphaspirit - stock.adobe.com

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