insider Magazin Ausgabe 5

Seit Anfang 2018 wird an den Aktienmärkten vor allem ein Thema immer wieder als Ursache für Nervosität, Unsicherheiten, Sorgen und Kursrückschläge genannt: Der Handelskonflikt zwischen den USA und China hält Wirtschaft und Finanzmärkte seit zwei Jahren in Atem. Und das Thema dürfte, trotz zwischenzeitlicher Entspannung, auch 2020 und möglicherweise darüber hinaus der größte Störfaktor für die Weltwirtschaft bleiben. Anleger und ihre Berater sollten nüchtern die Chancen und Risiken bewerten, die sich daraus ergeben. nlass des Streits ist das große Handelsbilanzdefizit, das die USA gegenüber China haben: 2017 betrug der US-Warenexport nach China 130,4 Mrd. Dollar, wohingegen Güter im Wert von 505,6 Mrd. US-Dollar aus China in die USA eingeführt wurden. US-Präsident Donald Trump hatte bereits imWahlkampf 2016 angekündigt, dieses Defizit reduzieren zu wollen. Seit Anfang 2018 versucht er dieses Ziel mit der Einführung neuer und der Erhöhung be- stehender Importzölle zu erreichen. Erklärtes Ziel der USA ist neben der Verringerung des Handelsbilanzdefizits auch ein besserer Schutz geistigen Eigentums. Ein wesentlicher Faktor dabei ist der schon länger kritisierte erzwungene Technologietransfer. Ausländische Unterneh- men, die im chinesischen Markt tätig sein wollen, müssen da- bei mit chinesischen Partnerunternehmen zusammenarbeiten und diesen vielfach Eigentums- und Nutzungsrechte für ihre Technologie einräumen. In den Augen von Trump handelt es sich um Diebstahl geistigen Eigentums. Schon 2017 hatte die Regierung in Washington Ermittlungen zu diesem Thema eingeleitet. Peking wies die Kritik zurück und sicherte zu, geis- tiges Eigentum in Zukunft besser zu schützen. Auch bei den Zöllen versuchte die chinesische Führung mit Entgegenkommen eine Eskalation des Streits zu verhindern. Wenige Wochen vor den ersten US-Strafzöllen, die im Januar 2018 verkündet wurden, senkte China Einfuhrzölle für 200 verschiedene Produkte von 17,3 auf 7,7 Prozent. Und Mitte 2018 traten Regelungen in Kraft, die inmitten des Handels- streits die Importzölle von 1.500 Konsumgütern von 16 auf 7 Prozent senkten. Aber die amerikanische Seite wertete alle Maßnahmen als unzureichend. In mehreren Runden erhöhten die USA und China gegenseitig Zölle, bis in Verhandlungen im Dezember 2019 zumindest eine erste Entspannung erreicht wurde. Dazu dürfte maßgeblich beigetragen haben, dass die © jayyuan - stock.adobe.com / allexxandarx - stock.adobe.com 32 Kosten des Handelskriegs auch für die USA den Nutzen of- fenkundig überstiegen haben. Wenig Grund zur Freude in den USA Entgegen der populistischen Aussage von US-Präsident Trump, der Handelskonflikt sei leicht zu gewinnen, überwiegt bei der Analyse der Auswirkungen der Eindruck, dass der Wohlstand in den USA durch den Handelskonflikt sowohl kurz- als auch längerfristig leidet. Für China ergeben sich eher kurzfristig Belastungen. Mittel- bis längerfristig könnte der Handelsstreit sogar mehrere strategische Entwicklungsziele unterstützen, die Peking verfolgt, darunter eine stärkere au- ßenwirtschaftliche Vernetzung mit Asien, Europa und Afrika, wozu die „Neue Seidenstraße“ maßgeblich beitragen soll. Zu- dem will Peking weg von der Rolle als billige „Werkbank der Welt“, den Binnenkonsum stärken und eigenständige Tech- nologieführerschaft erreichen. Eine verringerte Abhängigkeit von Exporten in die USA passt dazu. In welchem Umfang die durch Zölle entstehenden Mehrkos- ten letztendlich von chinesischen Herstellern oder amerika- nischen Verbrauchern getragen werden, ist umstritten. Aber auch wenn Nutzen und Schaden für die USA in verschiede- nen Studien unterschiedlich bewertet werden, besteht doch Einigkeit darin, dass die Zölle in den USA zu höheren Preisen

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