insider 01/2021 online
örsenzyklen ergeben sich aus der Berechnung von Durchschnittsveränderungen von Aktienindizes in bestimmten Zeiträumen, etwa Kalendermonaten oder -jahren. An Märkten ergeben sich Preise bzw. Kurse aus dem Zusammenwirken von Angebot und Nachfrage. An manchen Märkten sind saisonale bzw. zyklische Einflüsse unverkennbar, bspw. bei Rohstoffen wie Heizöl oder Weizen. Die Ursachen für sich wieder- holende Muster im (jährlichen) Preisver- lauf sind i. d. R. äußere Einflüsse, etwa klimatische Verhältnisse. So werden bspw. der Zeitpunkt der Weizen- ernte und die Höhe des Heizöl- bedarfs durch die Temperatur beeinflusst. Für die Aktienmärkte sind die Wirkungszusammen- hänge weniger offensichtlich und unzuverlässiger, die Erklärungen oft schwächer: Das Handeln der Menschen an den Aktienbörsen folge wiederkehrenden Mustern und das menschliche Verhalten än- dere sich im geschichtlichen Verlauf nicht. Somit sollen sich markante Kurs- muster wiederholen. Der saisonale Jahreszyklus Hinter dem Börsensprichwort „Sell in May and go away – but remember to come back in September“ steckt die Erwartung, dass sich die Aktienkurse im Winterhalbjahr wesentlich bes- ser entwickeln als im Sommer. Zwar kennen auch Statistiker das Phänomen der sog. „Sommer-Rallye“ und insbesondere der Juli hat im Durchschnitt gute Chancen für Kursgewinne. August und speziell September gelten dann aber als „gefähr- liche“ Monate für Aktien. In Oktobern gab es zwar einige der heftigsten Börsen-Crashs der Geschichte, im Durchschnitt bringt der Monat aber trotzdem steigende Aktienkurse. Herbst- und Jahresendrallye sorgen oft für positive Jahres- ergebnisse. Die besten Monate sind statistisch gesehen Dezember und Januar. Im vergangenen Jahr aber überlagerte ab Ende Februar die Corona- Pandemie alle anderen Einflussfaktoren: Nach Rekordhöhen im Februar gab es im März einen ausgewachsenen Crash. Doch schon Ende des Mo- nats begann eine weitreichende Kurserholung. Die Börsen nahmen damit die Aussicht auf eine Erholung der realen Wirtschaft vorweg, de- ren Ansätze tatsächlich schon im Sommer zu beobachten waren. Im November feierten die Aktienmärk- te die bevorstehende Verfügbarkeit von Impfstoffen und die damit ver- bundene Erwartung einer umfassenden Erholung der Weltwirtschaft. Nicht wenige Aktienindizes konnten sogar neue Rekordhochs, zumindest neue Jahreshochs erreichen. Wer der vermeint- lichen Börsenweisheit „Sell in May“ in diesem Jahr gefolgt wäre, hätte den Crash mitgemacht, wäre aber bei der Erho- lung viel zu früh ausgestiegen. Auch der August war entge- gen dem langfristigen Durchschnitt in diesem Jahr ein klar positiver Monat; der Oktober dagegen brachte in diesem Jahr einen Kursrückgang. Erst der gute November passte wieder ins Weltbild der Börsenstatistiker. © 9dreamstudio - stock.adobe.com / Eisenhans - stock.adobe.com 30 Passt die Entwicklung der Aktienmärkte in diesem Jahr zu der Annahme, dass sich die Aktienmärkte in regelmäßigen Zyklen bewegen? Wie ordnet sich das Börsenjahr 2020 in den größeren Zusammenhang ein? Entspricht es den Erwartungen der Börsenstatistiker oder ist es einmal mehr die Ausnahme von der Regel?
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