insider 01/2021 online
Kritiker prangern den Umstand an, dass betroffenen Län- dern eine Globalisierung chinesischer Prägung droht, bei der Transparenz, faire Ausschreibungen und verbindliche Regeln vernachlässigt werden. Außerdem sollen gerade kleinere Länder in die Schuldenfalle gelockt werden und somit von der Regierung Pekings abhängig gemacht werden. Staaten wie Deutschland bleiben in diesem Zusammenhang skeptisch und drängen auf Änderungen, während es andere Länder kaum erwarten können, auf den „chinesischen Zug“ aufzuspringen. Nichtsdestotrotz könnte das „Projekt Seidenstraße“ für einen Wirtschaftsschub sorgen, wenn es den Handel beschleunigt und erleichtert. Im positiven Fall würde sich dies vorteilhaft auf die Konsumentenpreise im Westen auswirken. Heterogene Entwicklung Mit Blick auf die Aktienindizes der asiatischen Länder fällt generell auf, dass sie sich im Jahr 2020 stark unterschiedlich entwickelt haben (siehe Abb. 2). So variierten die Renditen (ohne Dividenden) zwischen −14 und +34 Prozent. Ähnlich wie bei den westlichen Aktienindizes ist die Begründung für diese großen Unterscheide bei den Gewichtungen der Sek- toren der jeweiligen „Mutterindizes“ zu finden: Die Indizes Südkoreas (45 Prozent) und Taiwans (64 Prozent) sind sehr technologielastig, ähnlich wie der amerikanische S&P 500 oder Nasdaq-100. Diese Unternehmen konnten in der Coro- na-Krise sogar von den Entwicklungen profitieren und somit Umsatz- und Gewinnzuwächse verzeichnen. Dagegen sind die Indizes Thailands, Indonesiens und Singa- purs sowieso auch Hong Kongs stark in den Sektoren Finanz- wesen und Immobilien gewichtet. Beides Sektoren, die von den Geschehnissen rund um wirtschaftliche Corona-Lock- downs und -Rezessionen stark negativ betroffen waren. Im Fall der Normalisierung des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens (verbunden mit einem starken Rückgang der Corona- Infektionszahlen) ist jedoch zu erwarten, dass sich die Indi- zes in den kommenden zwei bis drei Jahren deutlich erholen könnten. Trotz Corona-Krise hielt sich der Aktienmarkt Chinas statt- dessen deutlich stabiler als sämtliche weltweiten Aktienin- dizes. Die getätigten – teils jedoch zumindest fragwürdigen – staatlichen Eingriffe, Maßnahmen und Verkaufsverbote zeigten wohl Wirkung. Im Laufe des Jahres 2020 erholte sich der Markt rasch, sodass er Ende Dezember 2020 auf dem Ni- veau seines Dreijahreshochs handelte. Insgesamt zeigt sich bei den meisten asiatischen Ländern, dass sie in Bezug auf Marktentwicklung mit der Corona-Pandemie und -Krise deut- lich besser umgehen konnten als die meisten westlichen Län- der. Global gesehen schlug der MSCI Emerging Markets Asia Aktienindex im Jahr 2020 selbst den starken US-Index leicht. Der Index Europas lag gut fünf Prozent im Minus, knapp vor dem breiten MSCI Schwellenländerindex, den die Regionen Südamerika, Osteuropa und Afrika belasteten, die teils noch deutlich schlechter mit der Pandemie zurechtkamen. Dem japanischen Aktienmarkt gelang endgültig die Wende Nach dreißigjähriger Durststrecke und Bodenbildungsphase ist den japanischen Aktienindizes Anfang November 2020 der dynamische Ausbruch über seine Hochs gelungen, die er seit dem Jahr 1991 ausgebildet hatte. Mittel- bis langfristig ist dies ein starkes Zeichen, dem große Beachtung geschenkt werden sollte. Fundamental scheint der Aktienmarkt Japans jedoch nicht mehr der günstigste – die Schätzungen der Analysten bei Bloomberg sehen für 2021 ein Kurs-Gewinn- Verhältnis (KGV) von 25 und ein Kurs-Buchwert-Verhältnis von 1,4. Dennoch erscheinen japanische Aktien im Vergleich zum relativ teuren US-Aktienmarkt (mit einem KGV für 2021 von 35) günstig. Zumal die konjunkturelle Normalisierung zu Umsatz- und Gewinnsteigerungen führen werden. Hierdurch werden die Bewertungen wieder günstiger. Die Aktienindizes Japans sind sektoral vor allem in den Berei- chen Industrie (20 Prozent), Technologie (16 Prozent) und zy- klische Gebrauchsgüter (15 Prozent) gewichtet, was sie gut für einen Aufschwung positioniert. Auch der Altmeister der Value-Investoren, Warren Buffett, hat mit seiner Beteiligungsfir- ma Berkshire Hathaway im Sommer 2020 in japani- sche Aktien investiert. Er tat dies, um sein US-las- Quelle: Bloomberg, MSCI (Preisindizes), eigene Darstellung (Stand: 31.12.2020 / indexiert auf 100 zum 31.12.2019) Abb. 2: MSCI Preisindizes (ohne Dividenden) der asiatischen Länder im Jahr 2020 © yamasan - stock.adobe.com
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