insider 01/2021 online
37 Corona-Crash im März nahmen die Korrelationen zwischen den Asset-Klassen dramatisch zu. So gerieten z. B. Edelmetal- le und Kryptowährungen erheblich unter Druck und enttäusch- ten damit die Hoffnungen derer, die darin „Krisenwährungen“ oder gar „Krisengewinner“ gesehen hatten. Erst als es an den Aktienbörsen wieder steil aufwärts ging, setzten auch Gold und Bitcoin zu einem Anstieg auf neue Rekordhöhen an. Dies dürfte nicht zuletzt dem Zinsumfeld geschuldet sein, das für klassische Mischfondsstrategien zum größten Problem wird: Die Zinsen für Staatsanleihen guter Bonität, oder was gemeinhin noch dafür gehalten wird, sind nahe an die Null- linie gedrückt worden und erscheinen auf diesem Niveau bis auf Weiteres verankert zu sein. Zudem drohen die Nullzinsen die Ergebnisse von Bewertungsmodellen zunehmend zu ver- zerren, was die Entscheidungen zur Gewichtung verschiede- ner Asset-Klassen erschwert. Der Strukturwandel deckt die Schwachstellen unterschiedlicher Geschäftsmodelle immer offensichtlicher auf und zieht gewaltige Allokationsverschie- bungen nach sich. Und schließlich haben die Interventionen der Notenbanken und die Professionalisierung weiter An- legerschichten in den letzten Jahren zu einer immer größe- ren Synchronität der Anlageentscheidungen geführt, die in diesem Jahr nur ihren vorläufigen Höhepunkt gezeigt haben dürfte. Kommende Herausforderungen und neue Instrumente Alle diese Entwicklungen machen das Management eines Multi-Asset-Fonds nicht gerade einfacher. Die Zeiten, in denen man sich dabei auf eine risikoarme Grundverzinsung als Ope- rationsbasis stützen konnte, von der aus Renditen verbessert werden konnten, gehören der Vergangenheit an. Gleichzeitig sind die Aktienmärkte vergleichsweise teuer geworden. Eine starre und ungefähr hälftige Aufteilung zwischen Anleihen und Aktien wird in dem Umfeld der kommenden Jahre nicht mehr an die guten Ergebnisse der vergangenen Jahrzehnte heranreichen. Auch die Fokussierung der Fondsmanager auf vordergründige „Qualität“ sowohl bei Anleihen als auch bei Aktien wird vielleicht Risiken begrenzen können, aber bei der Performance ihren Preis fordern. Das Management gemischter Portfolios und auch die Erwar- tungshaltung der Anleger sind komplexer und anspruchsvol- ler geworden. Neue Renditequellen sind gesucht, die sich sys- tematisch erschließen lassen, und andere, bereits erkannte, müssen kultiviert werden. Sei es aus alternativen Strategien, beispielsweise „Long-Short“, „Arbitrage“ und „Global-Makro“, dem Management von Währungen oder der Vereinnahmung von Illiquiditätsprämien. Der Einsatz von Derivaten soll pass- genau helfen, identifizierte und angestrebte Risikoprämien zu isolieren und zu extrahieren, erkannte Risiken zu kontrollie- ren und zu vermeiden und Liquidität zu ermöglichen, wo die Märkte sie nicht bieten. Gleichzeitig bleibt die Diversifikation Trumpf, erfordert aber eine gezieltere Selektion von Branchen und Einzeltiteln, ein gewisses Market-Timing und ein konsequentes Overlay, soll es im Rahmen der Chance-Risiko-Verhältnisse nicht zu uner- warteten Überraschungen kommen. Dieser Anlegerwunsch an Multi-Asset-Fonds wird von großer Bedeutung sein, weil es im Gegensatz zu reinrassigen Aktienfonds bekannterma- ßen weniger um die Gewinnmaximierung als vielmehr um die Erzielung risikoadjustierter Renditen geht. Gelingt es den Managern entsprechender gemischter Portfolios hier nicht, dauerhaft erkennbaren Mehrwert zu liefern, drohen sie ihre Anleger an preiswertere Aktien-Indexfonds einerseits und die Kassenhaltung andererseits zu verlieren. Fazit: Das Börsenjahr 2020 lieferte allenfalls einen Vorge- schmack auf die Herausforderungen, die auf Multi-Asset- Fonds zukommen. Das früher oftmals zu beobachtende reine Long-only-Multi-Asset-Management muss sich stärker zu einem Multi-Strategie-Management entwickeln. Hinzu kom- men wachsende Anforderungen bezüglich der Nachhaltig- keit, denen zumindest mit ESG-Filtern Rechnung zu tragen ist. Die zunehmende Komplexität der verfolgten Strategien in Mischfonds stellt auch wachsende Anforderungen an das Verständnis der Berater und Anleger für ihre Funktionsweise, ihre Tragfähigkeit und Wechselwirkungen, um sie auswählen und miteinander kombinieren zu können. Gleichzeitig wird angesichts sinkender oder doch zumindest schwieriger zu erwirtschaftender Roherträge auch das bis- herige Preisgefüge von Multi-Asset-Fonds auf dem Prüfstand stehen. Wer die zahlreichen Instrumente erfolgreich nutzt, um attraktive Netto-Renditen bei begrenzten Risiken zu produ- zieren, verdient eine adäquate Bezahlung, auch in Form von leistungsabhängigen Performance-Fees – starre Long-only- Mischfonds nicht. Es wird nicht den einen Moment, die eine spezielle Situation geben, an der sich die Spreu vom Wei- zen unter den Multi-Asset-Fonds trennt. Es ist vielmehr ein kontinuierlicher Prozess, bei dem sich beweisen muss, wer in dem herausfordernden Umfeld den Erwartungen gerecht werden kann. Anleger sind weiterhin gut beraten, auch bei Multi-Asset-Fonds zu diversifizieren und nicht allein auf einen vermeintlichen Favoriten zu setzen. << © Minerva Studio - Fotolia Björn Drescher und Dirk Arning Vorstand Drescher & Cie AG E-Mail: kontakt@drescher-cie.de Telefon: +49 2203 20299-0
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