1 4 KAPITALANLAGEN Rolf Krahe Investment Research BfV Bank für Vermögen AG E-Mail: Rolf.Krahe@BFV-AG.de Telefon: +49 6171 9150-536 Die Zinspause rüttelt die Kapitalmärkte durch Kritiker werfen der Fed vor, sich bei Entscheidungen zu sehr an „Echtdaten“ zu orientieren: Der Blick in den Rückspiegel reiche zum Fahren nicht aus. Der Blick in den Rückspiegel steht für die Politik der Fed, sich bei Entscheidungen an publizierten Wirtschaftsdaten zu orientieren. Doch gibt es viele derartige Daten, jeden Tag neue. Einige Beispiele: das Konsumentenvertrauen, die Inflationserwartungen der Konsumenten, die Auslastung von Kreditkarten-Limits, Lohnabschlüsse, die Mietpreise, die Hausbau-Genehmigungen, die Anzahl der fertiggestellten Wohnungen, der Wohnungskäufe bzw. -verkäufe, Einzelhandelsumsätze, der Neuwagenabsatz, Daten zu offenen Stellen, Arbeitslosigkeit, die Auftragseingänge und die Stimmung in der Industrie, deren Kapazitätsauslastung, die Importpreise usw. Täglich änderten sich seit Herbst 2023 die Spekulationen zum Zinskurs der Fed: Die Spannweite reichte von sechs Zinssenkungen bis zu leichten Erhöhungen. Sicher scheint nur eines zu sein: Kurz vor den Wahlen wird die Fed die Füße still halten. Das war schon immer so. Bei der EZB haben es die Märkte nicht so einfach. Die ausstehende Zinswende hat den Renditen Rückenwind verliehen. Die Kurzläufer deutscher Staatsanleihen (2 Jahre) notierten Mitte Mai bei 2,9 % nach 2,4 % zum Jahreswechsel, die 10-Jährigen bei 2,4 % nach unter 2,0 % entsprechend. Überraschende Auswirkungen von Geopolitik und Innenpolitik Auch die Geopolitik und politische Weichensetzungen sorgen in den USA und Europa für Inflationspotenzial. Ein Krieg lässt sofort die Preise diverser Rohstoffe in die Höhe schießen. Andere Faktoren entwickeln sich schleichend. Ein aktuelles Beispiel: Die Kapazitätsrestriktionen im Panamakanal fallen zusammen mit der sukzessiven Verdrängung des Schiffstransports durch den Suezkanal, bedingt durch die Ereignisse im Golf von Aden. Transporte aus beiden Wasserstraßen führen jetzt vermehrt um das Kap der Guten Hoffnung, dem längsten möglichen Umweg. Das führt zu deutlichen Erhöhungen von Preisen für Schiffstransport, -fracht und -versicherungen sowie Logistik. Die Überwälzung von derartigen Kostensteigerungen an den Endverbraucher wird etwas Zeit in Anspruch nehmen. Nach wie vor füllen in den USA innenpolitische Entscheidungen die Geldbörsen der Konsumenten, z. B. Erleichterungen bei der Rückzahlung der weitverbreiteten Studienkredite. Einen Beitrag leistet auch die Subventionspolitik, die die Rückverlagerung der Produktion von bislang im Ausland hergestellten Gütern unterstützt oder die Abwanderung von industrieller Produktion in das Ausland verhindern soll. In diesem Kontext zählt zu den Risiken auch der Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen im November. Donald Trump ist für Entscheidungsfreudigkeit bekannt. Der Geschäftsmann ist es gewohnt, Entscheidungen schnell zu treffen und sie nach seinem Ermessen genauso schnell zu revidieren. Dass er Jerome Powell, den er 2018 zum Fed-Chef nominierte, absetzen will, ist bekannt. Ein US-Präsident hat sogar das Recht, frei werdende Posten im siebenköpfigen Vorstand zu ernennen, die Zustimmung des Senats vorausgesetzt. Spitze auf Knopf war der letzte Ausgang der US-Wahl. Ob die Anleger zu Spekulationen tendieren, bleibt abzuwarten. So ergänzen sich verschiedenste Komponenten von Inflations- und Zinsszenarien Zu einem Anstieg der Schwankungsintensität aller Kapitalmarktsegmente könnte es nach den US-Wahlen kommen. Die simultanen geld- und innenpolitischen Weichenstellungen können gravierend sein. Nach der Sommerpause wird es spannend. Möglich ist im Herbst eine Kumulierung der Unsicherheiten. Die großen Finanzinstitute stehen dann mit verschiedenen Szenarien parat. Auch die wichtigsten Akteure auf dem internationalen Parkett, allen voran China und Russland, dürften Strategien für verschiedene Ergebnisse entwickelt haben. Abb. 2: Verlauf des Renditeniveaus 2/10-jähriger Staatsanleihen USA/DEU 09/2023 10/2023 11/2023 12/2023 01/2024 02/2024 03/2024 04/2024 05/2024 5,75 4,75 3,75 2,75 1,75 2j USA 10j USA 2j DEU 10j DEU Rendite in % Quelle: Bloomberg
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