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2 3 KAPITALANLAGEN © Björn Wylezich – stock.adobe.com vielen Schwellenländern – auch die hohe Inflation gewesen. Zweistellige Inflationsraten wie in Brasilien im Frühjahr 2022 waren keine Seltenheit. Im Gegensatz zu den westlichen Industrienationen erhöhten viele Emerging Markets ihre Leitzinsen schneller. So hatte Indien als kommende Wirtschaftsmacht bereits im Frühsommer 2022 damit begonnen, die Geldpolitik zu straffen. Von einem Tiefstand bei vier Prozent ausgehend, erhöhte die Reserve Bank of India (RBI) die Leitzinsen von Mai 2022 an um insgesamt 2,5 Prozentpunkte. Die gute Botschaft: Zinssenkungen, die derzeit in den USA und Europa noch viel diskutiert werden, hat es in einigen Emerging Markets bereits gegeben. Insbesondere in Südamerika, Bsp. Brasilien, gab es im vergangenen Jahr Zinssenkungen. Guter Nährboden, um frisches (neues) Kapital anzulocken. „Im derzeitigen Umfeld der Disinflation in Verbindung mit Zinssenkungen sind die lokalen Volkswirtschaften und die Aktien der Schwellenländer besonders attraktiv. Darüber hinaus sind die Bewertungen der Schwellenländer nach 15 Jahren Underperformance gegenüber den Industrieländern auf einem attraktiven Niveau und bieten auswählenden Managern großartige Möglichkeiten zur Aktienauswahl“, sagt Xavier Hovasse, Head of Emerging Equities und Fondsmanager bei CARMIGNAC. Auch die Experten von RBC BlueBay AM sehen die Ausgangslage tendenziell positiv und verweisen auf drei Gründe: „Die Versuche, die Inflation in den Schwellenländern einzudämmen, sind viel stärker ausgeprägt als in den Industrienationen, da die Zentralbanken in den Schwellenländern im Vergleich eine proaktivere Haltung bei der Anhebung der Zinsen einnehmen. Gleichzeitig sinken die Ausfallraten an den Kreditmärkten der Schwellenländer und die Bewertungen von Schwellenländerkrediten sind im Vergleich sowohl auf Basis der Ratings als auch der Fundamentaldaten besser“, fügt Anleihen-Experte Anthony Kettle in diesem Zusammenhang an. Im ersten Quartal 2024 war die Wertentwicklung erfreulich, allerdings hinkte sie wieder dem globalen Weltindex hinterher. Der MSCI EM Index erzielte im Quartal eine Rendite von 2,4 Prozent, während der MSCI World Index um ca. neun Prozent zulegte. Hier spielen die Rallye im TechSegment und der KI-Hype speziell in den USA eine besondere Rolle. Nun stellt sich die Frage: Wenn man entsprechende Investments in diesen aufstrebenden Ländern anpeilt, wo sollten Anleger hinschauen? China, eigentlich kein Emerging-MarketStaat der klassischen Prägung mehr, enttäuscht seit Corona. Emanzipation von China / Musik spielt in Indien und kleineren EM Die Situation der Emerging Markets 2024 ist nicht zu vergleichen mit der von vor einigen Jahren oder Jahrzehnten. So hat sich etwa das Anlageuniversum in den letzten zwei Jahrzehnten erheblich weiterentwickelt. Die Investitionen in Schwellenländer-Anleihen (EMD) sind seit 2010 von rund 10 Bio. auf 26 Bio. US-Dollar gewachsen, was auch an der gestiegenen Zahl von Anleihe-Emissionen in Landeswährungen liegt. Viele Länder sind folglich nicht mehr so anfällig für Abwertungen, wie das noch in der Vergangenheit der Fall war. „Die nächste Wachstumsphase von EMs wird anders verlaufen als in den letzten 20 Jahren: Chinas Wirtschaft durchläuft eine schwierige Phase der Reformen. Geopolitische Spannungen und die Energiewende treiben Investitionen immer mehr in Richtung der EMs, um dort zu produzieren und den Bedarf an natürlichen Ressourcen zu decken“, meint Peter Becker, Investment Director bei Capital Group, an dieser Stelle. Eines kristallisierte sich in der jüngeren Vergangenheit heraus: Die südostasiatischen Tigerstaaten wie Vietnam, Südkorea und Indonesien laufen China zunehmend den Rang ab. Viele Experten konzentrierten sich in den vergangenen Monaten auch auf Indien. Löst Indien China als „Superplayer“ ab? „Investments in Indien und hier v. a. in Aktien stehen derzeit im Fokus vieler Anleger. Dabei wird völlig übersehen, welche besonderen Chancen indische Anleihen derzeit bieten. Denn die im Juni bevorstehende Aufnahme indischer Staatsanleihen in den JP Morgan GBI EM Local Currency Index markiert einen bedeutenden Meilenstein, der das Land für Investoren noch attraktiver macht“, so Kenneth Akintewe, Head of Asian Sovereign Debt bei abrdn. Für 2024 prognostizieren Ratingagenturen ein Wachstum von etwas über sechs Prozent. Indien ist damit die am schnellsten wachsende Volkswirtschaft der Welt und dürfte in den kommenden Jahren sowohl Japan als auch Deutschland überholen. Indien hat seine Produktionskapazitäten für Mobiltelefone, Computer und Telekommunikationsgeräte ausgebaut. Indonesien auf der anderen Seite versucht, sich als wichtiger Nickelverarbeiter zu einem integralen Bestandteil der Lieferketten für Elektroauto-Batterien zu etablieren. Neben den asiatischen Märkten könnte auch ein selektiver Blick auf Lateinamerika lohnen. Irina Topa-Serry, Senior Economist (Emerging Markets) bei AXA Investment Managers, sieht aktuell eine Verbesserung der Rahmenbedingungen in Chile und Kolumbien (trotz der Probleme in der Vergangenheit), ist aber eher zögerlich oder skeptisch bei Brasilien und Mexiko. Fazit Die Last der hohen Leitzinsen gehört in einigen Emerging Markets der Vergangenheit an. Zinssenkungen beflügeln insb. die inländische Nachfrage. Zudem könnten strukturelle Trends wie Energiewende oder die Transformation der Wirtschaft den Schwellenländern langfristig in die Hände spielen. Kurzfristig punkten sie insb. durch ihre attraktive Bewertung im Vergleich zu manchen Industrienationen. Doch die Entwicklung ist von Land zu Land sehr unterschiedlich, insofern bleibt eine hohe Selektivität geboten.

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