BERATUNG 5 2 © BillionPhotos.com – stock.adobe.com Die lange Tradition der Werbung reicht von professionellen Marktschreiern im Spätmittelalter über Litfaßsäulen, Plakate, Zeitungsannoncen und Leuchtreklame bis zur Radio- und Filmwerbung. Letztere ermöglichten den zunehmenden Einsatz psychologischer Werbemethoden – und dies so geschickt, dass es sogar zu Verboten führte und der Marlboro-Mann nicht mehr in den Sonnenuntergang reiten durfte. Das Heute steht für die Digitalisierung der Werbung. Kunden und ihre Bedürfnisse werden genauestens durchleuchtet, um Werbung zu personalisieren oder genau dort zu platzieren, wo sich der potenzielle Kunde aufhält, sei es in Computerspielen, Filmen, Fernsehen oder Musikvideos. Jetzt heißen die „Marktschreier“ YouTube, Instagram, TikTok … Wo steht die Versicherungsbranche? „Viele Versicherer befinden sich beim Marketing im Blindflug“, attestierte Dirk Schmidt-Gallas, Leiter der globalen Versicherungspractice bei Simon-Kucher, der Branche vor etwa einem Jahr. Versicherer verfügen lt. Schmidt-Gallas im Schnitt über ein Marketingbudget von etwa 20 Mio. Euro pro Jahr, wissen aber nicht, welches Investment wie viel zum Vertriebserfolg beitrage. Schlüssel zum Erfolg sei ein Marketing-MixModell auf Basis von Big-Data-Analysen und künstlicher Intelligenz (KI), die den Einfluss der Marketingaktivitäten auf den Umsatz messbar mache. Das Marketingbudget müsse auf Kanäle mit hoher Rentabilität und hohem Umsatzbeitrag verteilt werden, um die Profitabilität zu maximieren, die Kosten zu senken und den Umsatz zu steigern. Das Produkt Versicherung fordert Werbemacher heraus Dazu kommt, dass das Produkt Versicherung deutlich sperriger ist als Genussmittel jeglicher Art, Kosmetika, Putz- und Waschmittel oder Autos. Aber auch hier kann Emotion wirken, wenngleich der Rahmen für Versicherungsmarketing beschränkt ist. Der klassische MarketingMix besteht aus Product, Price, Place, Promotion, also Produktpolitik, Preis- und Konditionenpolitik, Distributionspolitik/Vertriebswege und Kommunikationspolitik. Das Produkt Versicherung muss ausschließlich inhaltlich überzeugen, es gibt weder Optik noch Haptik. Bei der Preispolitik werden Versicherer eher nicht mit Mengenrabatten oder gar Rückgabegarantien und Niedrigpreisen auf Dauer werben. Beim „Place“ fehlen top designte Verkaufsräume und die Komplexität vieler Produkte erschwert den Online-Vertrieb. Bleibt die Kommunikationspolitik, bei der die Versicherer alle Möglichkeiten ausschöpfen müssen. Jede erfolgreiche Kommunikationskampagne muss ihre Zielgruppe und deren Kanäle, ihr Budget, ihre Laufzeit und ihre Umsatzziele sowie etwaige Konsequenzen definieren. Zu den Kampagneninhalten ist noch zu sagen, dass niemand den Einkauf monatlicher Fixkosten durch einen Versicherungsabschluss als Lustkauf empfinden wird. Warum also? Die Antwort liefern die Motivtheorien für menschliches Handeln nach Maslow. Der Mensch wolle unmittelbar nach den Bedürfnissen Hunger und Durst sein Sicherheitsbedürfnis befriedigen, noch vor den Bedürfnissen nach Liebe, Geltung und Selbstverwirklichung. Hier können Versicherer ansetzen: heute nicht mehr mit heiler Welt oder Drohszenarien, sondern mit Witz und hoher Kreativität. Kampagnen für Pflegezusatzversicherung und Einkommensabsicherung Im Folgenden ein paar aktuelle Kampagnen der Branche und ihre Hintergründe: Die Allianz bewirbt mit „Da für Dein Leben“ die Pflegezusatzversicherung. In Kurzvideos sind alte Menschen zu sehen, die sich in Jugendsprache ausdrücken. Dieser Kontrast irritiert und regt dadurch zum Hinschauen und Nachdenken an. Die Allianz spreche mit VOM SPIEL MIT DEN EMOTIONEN Werbung muss berühren, bestenfalls so stark, dass eine Marke über positive Emotionen zur Love Brand wird. Wie aber soll eine Versicherungsmarke zur Love Brand werden? Die Lösung steckt im Wort: über die starke Emotion der Sicherheit. Nur hier kann Versicherungsmarketing ansetzen.
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