BCA_insider_01_2024

1 0 LEITTHEMEN Haltelinie ist in etwa so aussichtsreich wie die Quadratur des Kreises“, so Ehrentraut. Schon seit ihrer Einführung erwecke die Politik den Eindruck, dass es mit oder besser gesagt trotz ihr möglich sei, die Einnahmen zu deckeln, ohne gleichzeitig die Ausgaben zu reduzieren. Das funktioniere aber angesichts des demografischen Wandels nicht. Prognos beobachte infolge der Alterung der Bevölkerung in Deutschland eine zunehmende Schieflage im Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentenempfängern. Immer weniger Menschen im Erwerbsalter müssten immer mehr Menschen im Ruhestand immer länger finanzieren. Wenn das Rentenniveau – sprich die Ausgaben der GRV – hoch bleiben solle und die Beiträge – sprich die Hauptquelle der Einnahmen – nicht steigen sollten, blieben dem System nur zwei weitere Maßnahmen, um einen Ausgleich zu schaffen: die Lebensarbeitszeit zu verlängern, also die Regelaltersgrenze weiter anheben, und/oder die Steuereinnahmen, also den Bundeszuschuss an die GRV, weiter zu erhöhen. „Eine Diskussion über die Regelaltersgrenze schließt die Politik vehement aus und der Bundeszuschuss steigt auch ohne Haltelinie schon Jahr für Jahr“, bilanziert Ehrentraut. In den letzten Jahren hätten die Sozialsysteme aufgrund der sehr guten Beschäftigungslage am Arbeitsmarkt und der soliden Konjunktur hohe Einnahmen verzeichnet, damit konnten Beitragssatz und Rentenniveau stabilisiert werden. Laut Prognos-Berechnungen bleibt dieses Bild auch bis 2025 so. Der demografische Wandel allerdings lasse sich nicht aufhalten. Danach steige der Beitragssatz bis 2045/50 auf rund 23 Prozent an – wohlgemerkt ohne Haltelinien, die nach derzeitiger Gesetzeslage dann ausliefen. Wenn Minister Heil nun das Rentenniveau über 2025 hinaus stabilisieren wolle, würden Beitragssatz und Bundeszuschuss noch deutlich stärker steigen müssen. Denn das Rentenniveau sinke andernfalls von rund 48 auf gut 42 Prozent ab. Aktuell plane die Bundesregierung aber keine Steigerung des Bundeszuschusses, sondern wolle diesen ab 2024 bis 2027 um 600 Mio. Euro im Jahr zu kürzen. Laut Ehrentraut ist dies für die Stabilität des Rentensystems im Großen und Ganzen rechnerisch vernachlässigbar und habe auch eher mit Haushaltspolitik zu tun. Der Bund habe im letzten Jahr über 80 Mrd. Euro Zuschüsse an die Rentenversicherung gezahlt, die Kürzung mache also weniger als einen Prozentpunkt aus. Aber natürlich müsse das Geld anderswo herkommen, nämlich über den Beitragssatz finanziert werden. Auch Ehrentraut unterstützt die von Wissenschaftlern schon seit vielen Jahren geforderte Kopplung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung. Wenn die Lebenserwartung weiter steige (und nur dann), verlängere sich automatisch auch die Zeit, die für die Finanzierung des Ruhestands gearbeitet werden müsse. Das würde die Debatte deutlich entschärfen und hätte rechnerisch positive Effekte: Der Beitragssatz steige weniger stark, das Rentenniveau sinke nicht so schnell, Steuerzahler würden entlastet und die Menschen erreichten individuell höhere Renten. Der spürbare Beitrag, den eine solche Kopplung leisten könne, reiche aber nicht aus, um die Finanzierung der Rentenversicherung zu stabilisieren. Seit der Jahrtausendwende gelte, dass die Menschen individuell zusätzlich vorsorgen müssten, um die geringeren Leistungen aus der umlagefinanzierten gesetzlichen Rente aufzustocken. Kapitalstock der Bundesregierung nur Tropfen auf den heißen Stein Hinter dem Generationenkapital stecke die Idee, Kapitaldeckung staatlich zu organisieren und dabei von den internationalen Marktentwicklungen zu profitieren. Das Ausgangskapital solle sich mit attraktiver Rendite verzinsen und ab 2030 den Beitragssatz des Umlagesystems entlasten. Allerdings sagt Ehrentraut: „Die hier von Bundesfinanzminister eingestellDaniel Platte, Versicherungsfachmann (BWV) und Inhaber finanz|plan A: Die Demografie spielt gegen das System, da aktuell die Babyboomer von Beitragszahlern ins Lager der Leistungsempfänger wechseln. Die notwendigen politischen Maßnahmen fehlen bisher. Nötig wäre etwa eine Reform der Riester-Rente mit der Aufhebung der 100prozentigen Beitragsgarantie auch für den Bestand mit individueller Wahlmöglichkeit der Garantiehöhe. Auch die angedachte „Aktienrente“, also ein kapitalmarktbasiertes Produkt, könnte gute Anreize schaffen. Des Weiteren haben Kunden oft kein Gefühl für die drohende Rentenlücke, da Inflationseffekte über lange Laufzeiten stark unterschätzt oder gar nicht berücksichtigt werden. Aufgabe des Beraters ist es hier, beim Mandanten eine Diversifikation zu erreichen, damit nicht nur in die gesetzliche Rente oder vergleichbare Produkte mit geringem Aktienanteil gespart wird. Hilfestellung gibt die Berechnung der Altersvorsorge inkl. Steuern, KV-Beiträgen und Inflationsabzug mittels Finanzplanungssoftware zur realistischen Einschätzung der Altersvorsorgesituation. Dabei handelt es sich immer um eine begleitende Beratung, da die Schließung der Rentenlücke zumeist nicht bereits mit 35 Jahren erfolgen kann.

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