BCA insider 01_2023

B E R A T U N G 5 6 Subotić: Mit Blick auf die vergangenen WM-Vergaben schwindet die Hoffnung, dass Themen wie Korruptionsbekämpfung oder Gerechtigkeit bei den Verantwortlichen an Bedeutung gewinnen. Der Trend der letzten Jahre war nicht positiv. Es würde mich nicht wundern, wenn wir bald eine WM in Saudi-Arabien haben werden. Dies ist auch nicht verwerflich, sofern die Vergabe einwandfrei und ohne finanzielle Verwerflichkeit abläuft. Um das System zu ändern, brauchte es eine Stärkung der Rolle der Fußballer, gepaart mit einer Sensibilisierung und Institutionalisierung dafür. Erst dann kann man ein Gegengewicht schaffen und den Sport wieder in den Mittelpunkt rücken. Und wenn die Fans das auch tun, was sie bereits erfolgreicher tun als die Fußballer, dann verändern sich die Akteure und damit auch das System. : Einen zentralen Schwerpunkt in Ihrem Buch nimmt Ihre Stiftung ein, die alsbald well:fair heißen wird. Sie engagieren sich leidenschaftlich für Brunnenprojekte und sanitäre Anlagen in Äthiopien, Kenia und Tansania. Was war der Auslöser für Ihre Verpflichtung? Subotić: Prinzipiell bin ich mit dem Gedanken aufgewachsen, dass ich für meine Familie, meine Freunde und meine Stadt da sein muss. Das ist auch völlig normal, denn so funktioniert ein solidarisches Miteinander. Mit der Zeit habe ich jedoch hinterfragt, ob es nicht gegenüber anderen Menschen ausgrenzend ist, die nicht in den reicheren Ländern der Erde leben. Obgleich ich mich weiter für Freunde, Familie und lokale Initiativen engagierte, wuchs in mir die Unzufriedenheit. Umfassende Gespräche mit Freunden sowie zahlreiche Bücher über Psychologie, Philosophie und Kolonialismus ermöglichten mir neue Einblicke und Antworten auf meine Fragen. Ein Freund der Familie brachte mich schließlich auf die Idee, eine Stiftung zu gründen. Mir wurde klar, dass ich mich mit meiner Stiftung um die absoluten Probleme kümmern muss, die unsere Weltgemeinschaft betreffen. Durch intensive Recherchen fand ich heraus, dass z. B. in Afrika nur zehn Prozent der Grundwasservorkommen genutzt werden und dort in ländlichen Regionen oft mehr als die Hälfte der Bevölkerung keinen Zugang zu Trinkwasser hat. Die Lösung liegt unter den Füßen der Menschen, aber sie können die Kosten nicht selbst tragen, weil wir die meisten Länder wirtschaftlich ausbeuten als Folge des kolonialen Imperialismus, dessen Artefakte bis heute den Welthandel prägen. Hier habe ich mich für die beiden Grundlagen Wasser und Wissen entschieden. : Pro Kopf und Jahr landen allein in Deutschland rund 78 Kilogramm Lebensmittel im Müll. Leitungswasser nutzen oder verschwenden wir zum Teil gedankenlos und ganz selbstverständlich. Was bedeutet Wasser für die Länder, die Sie unterstützen? Subotić: Jeder Mensch braucht Wasser, somit ist zumindest die unbewusste Bedeutung lebenswichtig. Aber in den Regionen, in denen es keinen Zugang zu Trinkwasser gibt, bedeutet die Beschaffung von Wasser im Durchschnitt einen täglichen Fußmarsch von sechs Kilometern zu einer Wasserstelle, die nur verkeimtes Wasser führt, und das mit 20 Litern oder Kilogramm auf dem Rücken. Es wird schnell klar, dass das nicht nur eine physiologische, sondern auch eine psychologische und soziale Herausforderung ist. Hierbei sind zumeist die Frauen für die Beschaffung des Wassers zuständig, was bedeutet, dass der Haushalt von der ältesten Tochter geführt wird, die nicht zur Schule gehen kann, wenn die Wasserquelle weit entfernt ist. Es ist ein Teufelskreis, absolut menschenunwürdig und letztlich tödlich. Noch trauriger ist, dass es eigentlich absolut vermeidbar ist und gerade einmal 50 Euro pro Person kostet, um eine Trinkwasseranlage zu installieren. Foto unten: © suheyp – stock.adobe.com , Foto oben: © Patrick Temme, Philipp Nolte Herzliche und freundliche Menschen in Gaba

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