BCA insider 02 2023

1 4 L E I T T H E M E N © PureSolution – stock.adobe.com Angeblich: „Repräsentative Studie: 63 Prozent der Deutschen wollen ein Provisionsverbot“ Mit dieser brisanten und Aufmerksamkeit erregenden Schlagzeile sorgte die Honorarberatungsbank Quirin Privatbank AG für ein Rauschen im Blätterwald. Repräsentativ mag die Umfrage, die die puls Marktforschung GmbH im Auftrag von Quirin durchgeführt hatte, sein. Das Ergebnis ist aber ein anderes, als es die Honorarberatungsbank verbreitet. Ebenso wie die „vt“-Redaktion hatte sich die „Börsen-Zeitung“ die Studie genauer angeschaut und kam zu dem Ergebnis: „Die Quirin Privatbank will mit einer Umfrage den Ruf nach einem Verbot von Vertriebsprovisionen untermauern. Doch die Befragung zeigt ein gemischtes Bild, und die Haltung zur Provisionsberatung bleibt unklar.“ Unsere Analyse: Laut Quirin soll die Studie erbracht haben, dass „63 Prozent die Abschaffung der Provisionsberatung gut fänden“. Das gibt die Studie aber nicht her. Befragt zur Meinung über das in der Politik diskutierte Provisionsverbot stimmen 13 Prozent der Antwortvorgabe zu, „Finde ich gut, statt der Provisionsberatung sollte es eine Honorarberatung geben“. Eine weitere Antwortmöglichkeit, der 50 Prozent der Teilnehmer zustimmten, war: „Finde ich gut, die EU/der Staat sollte für mehr Transparenz sorgen.“ In keiner dieser beiden Antwortvorgaben taucht das Wort Provisionsverbot auf. Und wenn Bürger es gut finden, dass der Staat für mehr Transparenz sorgt, ist das keine Provisionsverbot-Forderung! Quirin und seinen Dienstleister „puls“ schert das aber nicht – die Addition von 50 und 13 ergibt plötzlich 63 Prozent Provisionsverbot-Forderer. Ist das eine seriöse Darstellung der Untersuchungsergebnisse? Gegen Lobbyismus in eigener Sache ist nichts einzuwenden. Es sollten aber zumindest minimale Wahrheitskriterien bei Aussagen erfüllt werden! Uni Regensburg liefert Studien-Flop mit Professorenstempel „Provisionsverbot führt zu signifikanten Vermögenssteigerungen“, trommelte die Universität Regensburg anhand ihrer Studie „Die Auswirkungen von Provisionsverboten auf das Vermögen der Haushalte: Erkenntnisse aus OECDLändern“ für ein Provisionsverbot. Doch trotz des Uni- und Lehrstuhl-Mantels wird wissenschaftliche Qualität schmerzlich vermisst. Die Uni behauptete: „Das Vermögen der Haushalte in Ländern mit Provisionsverbot wuchs signifikant stärker als in Ländern ohne Provisionsverbot. Das Forscherteam bemisst den um länderspezifische Effekte bereinigten Renditeunterschied auf 1,7 Prozent p. a. und appelliert an die EU-Kommission, ein allgemeines Verbot von Provisionen bei der Anlageberatung umzusetzen.“ Schlussfolgerungen, die allerdings nicht haltbar sind. „Unsere Forschung beleuchtet den Zusammenhang zwischen den Portfolioentscheidungen von Haushalten, die ihre jeweiligen Anlageergebnisse beeinflussen, und provisionsbasierten Systemen. Nach unserem besten Wissen ist uns keine akademische Arbeit bekannt, die dies bisher auf länderübergreifender Ebene versucht hat“, heißt es in der Studie. Doch warum nehmen die Studienersteller keinen Bezug auf die jährlichen Berichte der ESMA aus der Serie „ESMA Market Report. Costs and Performance of EU Retail Investment Products“? Das sind die verlässlichsten und besten Daten. Stattdessen greifen die Regensburger auf OECD-Daten zurück, und dies in einem sehr problematischen Zusammenhang. Kurz gefasst: Die Rendite-Entwicklung mit Daten zwischen 1997 und 2020 zu betrachten und einen Zusammenhang herzustellen zu einem Provisionsverbot, das in den betreffenden Ländern zwischen 2005 und 2019 eingeführt wurde, zeigt den „wissenschaftlichen“ Hokuspokus. Getoppt wird das dann noch, wenn bei einem Renditevergleich auf der einen Seite die Kosten der Beratung in Form von Provision einbezogen werden, auf der anderen Seite die Honorarberatungskosten aber nicht. Prof. Dr. Matthias Beenken von der Fachhochschule Dortmund kritisiert und formuliert das so: „Provisions-Äpfel versus Honorar-Birnen“. Eine quantitative Analyse der Vergütungsmodelle hilft weiter „Provisionsverbot und Kleinanlegerstrategie“ heißt die von Prof. Dr. Jochen Ruß, Prof. Dr. Alexander Kling und Dr. Andreas Seyboth vom Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften im Auftrag des Bundesverbands Deutscher Vermögensberater (BDV) erstellte Untersuchung, deren Kern eine quantitative Analyse der Vergütungsmodelle „Provisionsberatung“ und „Honorarberatung“ bei Altersvorsorgeprodukten beinhaltet. Beim Vergleich der Vergütungsmodelle berechnen die IFA-Autoren u. a., dass bei einem Altersvorsorgevertrag mit einer Vertragslaufzeit bis 18 Jahren der neutrale Beitrag, unterhalb dessen das Provisionsmodell günstiger ist, über 200 € pro Monat liegt. Bei einer Laufzeit von 20 bzw. 30 Jahren beträgt der neutrale Beitrag 186 Euro bzw. 129 Euro. Mit zunehmender Laufzeit sinkt der neutrale Beitrag. Er liegt aber auch bei sehr langen Laufzeiten noch über 100 Euro pro Monat, erst bei einer Laufzeit von 40 Jahren sinkt er auf 98 Euro. Nun sind es ja gerade die „kleinen Sparer“, die ihre Lebensversicherung mit kleinen Beträgen besparen. Im Ergebnis bedeutet

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