BCA insider 02 2023

1 5 L E I T T H E M E N dies, dass „die Altersvorsorgeverträge zahlreicher Verbraucher ein Volumen aufweisen, für das eine provisionsbasierte Beratung günstiger ist als eine Honorarberatung“, so die Studienautoren. Provisionsverbot-Gefahr auf europäischer Ebene gebannt – zumindest vorläufig Bei Redaktionsschluss zu dieser insider-Ausgabe war Stand der Planung, dass die EU-Kommission am 24. Mai 2023 ihre im Rahmen der europäischen Kleinanlegerstrategie geplanten Maßnahmen bekannt geben wollte. Doch womit zu rechnen bzw. nicht zu rechnen war, hatte EUFinanzkommissarin Mairead McGuinness bei einer Rede am 27. April im Rahmen des Eurofi High-Level Seminars in Stockholm angekündigt. Die gute Nachricht: Ein generelles Provisionsverbot für Anlageprodukte wird es nicht geben, jedenfalls vorerst nicht. Aber Verschärfungen werden kommen, wie McGuinness deutlich machte: Wir müssen die Interessenkonflikte bei der Anlageberatung angehen. Wir müssen über die Transparenzverpflichtungen hinausgehen. Wir sind dabei, die Bedingungen zu verschärfen, unter denen Anreize erlaubt sind. Es sollte ein gezieltes Verbot für Anreize bei reinen Ausführungsgeschäften geben. Es sollte auch strengere Sicherheitsvorkehrungen dafür geben, wann Anreize gezahlt werden dürfen und wann nicht. Die Regeln für die Beratung werden verschärft, um sicherzustellen, dass die Berater im besten Interesse ihrer Kunden handeln. Zudem werden verstärkte Kontrollen, auch durch die Aufsichtsbehörden, angekündigt. Jetzt kein Verbot aller Anreize vorzuschlagen, bedeute „keinen Freifahrtschein für den Finanzsektor“. Es wird eine starke Überprüfungsklausel in den vorgeschlagenen Rechtsvorschriften geben; „das wird es uns ermöglichen, zu einem späteren Zeitpunkt ein vollständiges Verbot der Anreize einzuführen, falls dies notwendig sein sollte“, ließ die EU-Kommissarin keine Zweifel aufkommen, dass sie eigentlich ein generelles Provisionsverbot anstrebt. Die Abkehr von einem generellen Provisionsverbot beruhte wohl nicht auf der Einsicht, dass ein Provisionsverbot für Verbraucher schädlich ist, sondern auf der pragmatischen Entscheidung, dass ein Provisionsverbot an den Mehrheitsverhältnissen gescheitert wäre. Strategie und Methoden der Provisionsverbot-Forderer sollten beachtet werden Eine Studie sollte wissenschaftlichen Ansprüchen genügen. Bei der IFA-Studie ist das so. Aber nach unserer Auffassung gilt das leider nicht für jede Studie, selbst wenn ein professorales oder universitäres Deckmäntelchen umgehängt wurde. Zudem sollten Studienergebnisse auch korrekt interpretiert und keinesfalls Aussagen getätigt werden, die einer Wunschvorstellung, aber nicht den Studienzahlen entsprechen. Des Weiteren ist zu bemängeln, wenn ein Teil der Ergebnisse einer Untersuchung für die Argumentation der eigenen Zielvorstellung herangezogen wird, aber ein anderer aussagekräftiger Ergebnisteil derselben Untersuchung unter den Tisch gekehrt wird, weil er der eigenen Sichtweise entgegensteht. Ein Phänomen, das nach unserer Beobachtung bei sog. Verbraucherschützern und ideologiegetriebenen Politikern weitverbreitet ist. Zudem scheint die Fraktion der Provisionsverbot-Forderer gut organisiert zu sein. Studien sind jedenfalls keine Mangelware und deren „brisante“ Pressemitteilungen finden schnell Verbreitung in Publikumsmedien. Dies alles spricht dafür, dass Branchen- und Berufsverbände unterstützt werden sollten – und sei es durch eine Mitgliedschaft, um somit die Interessen der Vermittler zu stärken. Einige Berufsverbände haben auf politischer Bühne die Nachteile eines Provisionsverbots aufgezeigt. So hat auch die von „vt“ koordinierte Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler (BFV) immer wieder in sachlichen und konstruktiven Stellungnahmen und Gesprächen mit Politikern die Probleme der Überregulierung, eines Provisionsdeckels oder eines Provisionsverbots dargelegt. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass das Engagement aller weiterhin nötig ist, und dieses verdient Ihre Unterstützung. Seit vielen Jahren vertritt die „vt“-Redaktion die Auffassung, „dass die Koexistenz von Provisionsberatung und Honorarberatung, die dem Verbraucher die freie Wahl lässt, das viel klügere Modell ist“ (vgl. „vt“ 28/18 vom 10. Juli 2018). Jetzt muss nur noch die EU-Kommission dauerhaft im Sinne der Kleinanleger und Verbraucher handeln. Erwin Hausen Chefredakteur versicherungstip kapital-markt intern Verlag GmbH E-Mail: vt@kmi-verlag.de Telefon: +49 2602 9191-644

RkJQdWJsaXNoZXIy MTA1Mzk2Nw==