BCA insider 02 2023

2 9 K A P I T A L A N L A G E N Neben einem regelmäßigen Rebalancing wird im Eintrittsfall die Strategie in zwei Schritten massiv antizyklisch umallokiert. : Inwiefern hält dieses Thema nun Einzug in eine Vermögensverwaltung? Walter: Der Gesetzgeber verlangt ja nicht erst seit MiFID II vom Berater eine Informationsaufnahme über die bisherigen Erfahrungen und Anlageziele seitens des Anlegers. Während diese im Umfeld der Tätigkeit nach §34 GewO im Schwerpunkt zu einer Auswahl eines qualifizierten Produktportfolios auf der Ebene von Wertpapieren führen soll (im KWG und WpHG sog. anleger- und objektgerechte Beratung), geht unsere Vermögensverwaltung typischerweise ein paar Schritte weiter: In der Praxis sind die Mehrheit der Interessenten intellektuell dieser Art von Risiken mind. aufgeschlossen: Die Bereitschaft zur Verteilung nicht nur unter verschiedenen Produkten, sondern auch in verschiedenen Strategien ist hoch. Es existiert Sensibilität dafür, Geld nicht mehr nur unter den Gesichtspunkten der Risiko-/Rendite-Definition anzulegen, sondern auch abseits jeglicher Renditebeurteilung unter der Maßgabe des Vermögenserhalts im Sinne irrationaler Risiken. : Kommt Ihnen dabei der Umstand entgegen, dass Sie gegen Honorar beraten? Walter: Ja auch, aber nicht nur. Anleger, die erstmalig zu uns kommen, haben die typischen Merkmale des Funktionierens unseres Kapitalanlagemarkts verstanden: Sie wissen, dass sie bei der Hausbank als Standardanleger überwiegend die hauseigenen Produkte angeboten bekommen. Sie haben erkannt, dass erst auf „hartnäckiges“ Nachfragen Konstruktionen angeboten werden, die über den Horizont der eigenen Investmenttochter und der typischen Anlage in provisionsorientierte Produkte hinausgeht. In unserer Beratungspraxis ist es tatsächlich in vielen Fällen völlig gleichgültig, welche Produkte wir einsetzen. Namen von Fondsgesellschaften spielen eine untergeordnete Rolle, die Auswahl der Gattung – z. B. ETFs als passives Investment bzw. Publikumsfonds als aktives – spielt für den Entscheidungsprozess kaum eine Rolle. Da hat sich in den letzten Jahren auch seitens der Anbieter bereits einiges gewandelt. Bestes Beispiel hierfür ist auch CARAT, die sich diesem Trend zu „alternativen Anlagen“ ja auch über ihre Sachwert-Initiative sehr qualifiziert gestellt hat. : Haben Sie ein weiteres Beispiel für die Veränderung beim Anleger? Walter: Im Rahmen meiner Tätigkeit, hat rückblickend ein Ereignis bei den meisten Anlegern dazu geführt, dass sie deutlich sensibler und offener geworden sind bzgl. der Notwendigkeit nicht nur einer qualifizierten Beratung, sondern vor allen Dingen einer fortlaufenden Betreuung. : Welches war das? Walter: Der Niedergang der Wertpapiergattung „Offene Immobilienfonds“ im Jahre 2009: Die Ansprache von Kanzlerin Merkel zusammen mit dem damaligen Finanzminister Steinbrück („Die Sichteinlagen der Deutschen sind sicher!“) im Umfeld der ersten großen, relevanten und sichtbaren Bankpleite – die der isländischen Kaupthing Bank –, bei der über 30.000 Deutsche Tages- und Festgelder angelegt hatten, hat für die überwiegende Anzahl dieser – einst in vielen Fällen als sogar mündelsicher testierten – Anlageklasse das Ende bedeutet. Eine bis dato im definitorischen Sinne als konservativ bekannte Anlage wurde hier zum Entsetzen vieler Anleger mit erheblichen Werteinbußen „zu Grabe getragen“. Seither ist deutlich zu spüren, dass die Bereitschaft für Beratung zur individuellen Vermögensallokation und -verteilung angestiegen ist. : Kommen wir zurück zum Thema Währungsreform: Für wie plausibel halten Sie so ein Ereignis? Walter: Historisch gesehen ist die Wahrscheinlichkeit der Wiederholung eines Währungsreform-Ereignisses mit Vermögensverlusten auf der Ebene des Geldwertes von bis zu 90 Prozent (gemessen in Kaufkraft ) statistisch sogar als sicher zu bezeichnen. Insbesondere die in der Vergangenheit insgesamt acht Versuche, unterschiedliche wirtschaftliche Einheiten unter einer Währung zusammenzuführen, sind sämtlich gescheitert. Speziell in Europa hätte man – nach meiner Meinung – die erste Finanzkrise 2001 dazu benutzen können, die Geburtsfehler des Euro aktiv anzugehen. Das ist auf vielerlei Ebene nicht passiert und die Verhältnisse und Entwicklungen seither sind keinesfalls dazu geeignet, mit 100-prozentiger Sicherheit davon auszugehen, dass sich dieses Ereignis in Deutschland bzw. Europa nicht wiederholen würde. © kogge – stock.adobe.com

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