L E I T T H E M E N 9 fundene Konsolidierung in den vergangenen Jahren. Dies habe zu einer Verbesserung der Kreditvergabeentscheidungen und zu einer Verringerung der Kostenbasis der Systeme geführt, wodurch sich die Gewinnmargen erhöht hätten, um mögliche Verluste aufzufangen. Der Experte führt bspw. an, dass es in Spanien nicht mehr die „Cajas“ gibt, die zu Beginn der 2010er-Jahre im Mittelpunkt der Immobilienprobleme standen, Griechenland inzwischen vier Banken hat, ItaliendieAufhebungdesPopolare- Status (bei dem die Mitglieder die gleichen Stimmrechte wie institutionelle Aktionäre erhalten) erzwungen und eine Konsolidierung vorgenommen hat. Nicht zuletzt hat sich auch der Charakter des Investmentbankings gewandelt. Die Branche ist signifikant geschrumpft und konzentriert sich jetzt auf große, diversifizierte und stabile Banken. EY kommt in diesem Zusammenhang in einer neuesten Umfrage zum Ergebnis, dass die europäischen Top-Player deutlich Boden zu ihren angloamerikanischen Wettbewerbern gutgemacht haben. So sei der Nettogewinn der nach Bilanzsumme zehn größten US-Kreditinstitute im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 24 Prozent gesunken, während Europas zehn Top-Banken ein Gewinnplus von vier Prozent auf 72 Mrd. Euro und damit auf ein Zehn-Jahres-Hoch erwirtschafteten. Bei der Profitabilität bleiben US-Institute führend, aber der Abstand zu den europäischen Banken hat sich verkleinert. „Die europäischen Großbanken haben sich im vergangenen Jahr unterm Strich erfreulich positiv entwickelt“, sagt Thomas Griess, Managing Partner Financial Services Deutschland bei EY, in diesem Kontext. „Trotz der Belastungen aus Krieg, Inflation und Energiekrise konnten die Institute von der Zinswende profitieren und ihren Gewinn teils deutlich erhöhen.“ (Siehe Abbildung 1.) Auch an den Börsen haben die international tätigen Banken zuletzt gute Zahlen vorgelegt. Neben den US-amerikanischen Top-Playern wie Citigroup, Bank of America u. a., die ihre Gewinne im ersten Quartal 2023 infolge der Zinswende steigern konnten, sahen auch die Meldungen der europäischen/deutschen Institute nicht schlecht aus. So ist die Commerzbank dank steigender Zinsen und einer vergleichsweise robusten Wirtschaftslage mit einem kräftigen Gewinnsprung ins laufende Jahr gestartet. Allerdings blieb das Institut perspektivisch hinter den Markterwartungen zurück. Die Aktie notiert Mitte Mai bei knapp unter 10 Euro – immerhin noch ein Plus von zwölf Prozent seit Jahresbeginn. Die Deutsche-Bank-Aktie hingegen hat seit der Jahreswende rund zehn Prozent verloren, und das, obwohl das Institut zuletzt gute Zahlen vorgelegt und einen optimistischen Ausblick präsentiert hat (siehe Abbildung 2). Der Blick auf den STXE 600 BankenIndex zeigt, dass zwar kein Grund zu übersteigertem Optimismus besteht, aber auch ein Schreckensszenario nicht ablesbar ist. Von seinem Tief am 24. März dieses Jahres hat sich der Index ordentlich erholt und notiert am 19. Mai bei 153 Punkten – ein Anstieg um sieben Prozent seit Jahresbeginn (siehe Abbildung 3). Ist eine Krise damit gänzlich abgesagt? Das wäre doch zu kurz gesprungen. Denn viele kleinere USRegionalbanken haben weiter mit den Auswirkungen der Zinserhöhungen zu kämpfen (Bewertungsverluste bei Staatsanleihen und zunehmende Kreditausfälle bei Gewerbeimmobilien). Dennoch sind sich die Experten mit Blick auf die stattgefundene Regulierung einig, dass die aufgebauten Schutzmaßnahmen bzgl. Liquidität und Risikobereitschaft gut und ausreichend sind. „Mit Blick auf die Zukunft sehen wir die europäischen Banken als attraktiv bewertet an, mit Abb. 3: Performance EURO STOXX Banks Zeitraum 1 Monat 3 Monate 6 Monate 1 Jahr 2 Jahre 3 Jahre Tief 98,73 90,57 90,57 72,30 72,30 49,99 Hoch 110,97 119,73 119,73 119,73 119,73 119,73 Entwicklung -3,89% -9,77% 12,43% 20,52% 9,69% 103,03% Quelle: https: //www.boerse-frankfurt.de/index/euro-stoxx-banks, Abruf am 19.05.2023 2.000 1.500 1.000 500 0 -500 Abb. 2: Gewinn bzw. Verlust der Deutschen Bank vom 1. Quartal 2020 bis zum 1. Quartal 2023 (in Mio. €) Quelle: https: //de.statista.com/statistik/daten/studie/155706/umfrage/ gewinn-der-deutschen-bank-nach-quartalen-seit-2008/ Q1 2020 Q2 2020 Q3 2020 Q4 2020 Q1 2021 Q2 2021 Q3 2021 Q4 2021 Q1 2022 Q2 2022 Q3 2022 Q1 2023 Q4 2022 Gewinn/Verlust in Mio. Euro -43 -77 182 51 908 692 194 145 1.060 1.046 1.115 1.803 1.158
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