BCA insider 03_2022
1 0 R U N D U M L E I T T H E M E N H E A D L I N E S & I N S I G H T S Martin Klein Vorstand VOTUM Verband Der Staat muss alle drei Säulen unseres Rentensystems reformie- ren. Insbesondere bei der Reform der gesetzlichen Altersvorsorge muss die Regierung ihre ideologischen Scheuklappen ablegen. Ein Blick auf die Finanzierung zeigt, dass es sich bei dem im Wahlkampf plakatierten Versprechen, Rentenkürzungen, Beitragserhöhungen und eine Anhebung des Renteneintrittsalters ausschließen zu wol- len, um eine Milchmädchenrechnung handelt. Wenn wir verhindern wollen, dass nahezu die Hälfe des Bundeshaushalts in die Finanzie- rung der gesetzlichen Rente fließen soll, müssen wir auch an diesen Stellschrauben drehen. Auch die Einführung einer Aktien-Rente in der ersten Säule ist ein Schritt in die richtige Richtung – wenn die laufende Anschlussfinanzierung stimmt. Bei der Reform der zweiten und dritten Säule muss der Staat die Rolle des Enablers einnehmen. Anreize setzen, statt mit Überregulierung Vermittler und Sparer einzuengen, das muss das Motto sein. Es ist die Aufgabe unserer Branche, für jeden Kunden bedarfsgerechte, indivi- duelle und maßgeschneiderte Altersvorsorgeprodukte sowohl in der betrieblichen als auch in der privaten Altersvorsorge zu finden – und zu vermitteln. Die Einrichtung eines Staatsfonds wäre jedoch der völlig falsche Weg, und das wird der im Koalitionsvertrag angekündigte Prüfauftrag hoffentlich auch so zeigen. Die private Altersvorsor- ge sollte staatsfern und privat bleiben. Den Bürgern muss bewusst sein, dass der Staat die angesparten Vorsorgevermögen auch zweckentfremden könnte. Das haben die Beispiele Spanien und Irland in der Finanzkrise gezeigt. Makler und Vermittler sind die Haupttreiber für die Schließung der wachsenden Rentenlücke in Deutschland. Sie sind der Schlüs- sel zum Erfolg. Um attraktive Altersvorsorgeprodukte anbieten zu können, müssen zudem die Rahmenbedingungen stimmen. Hierbei besteht noch viel Luft nach oben: Garantieabsenkung bei Riester, Vereinfachung des bAV-Antrags, Raum für Digitalisierung in der Ab- wicklung schaffen und vieles mehr. Die Liste ist lang – und sie liegt mitsamt Umsetzungsvorschlägen den politischen Entscheidungs- trägern vor. Welche wesentlichen Parameter sehen Sie als wichtig an, um das Altersvorsorgesystem zukunftsfähig zu machen und gleichzeitig den Vorsorgebedarf der Menschen zu sichern? Welche Rolle nimmt dabei der Makler ein? muss etwa die gesetzlich geforderte Garantie von 100 Prozent reduziert werden. „Im aktuellen Zinsumfeld er- höht eine maßvolle Absenkung von Garantien die Chancen stark. Das relevante (reale, also inflationsberei- nigte) Risiko steigt hingegen kaum – wenn überhaupt, wie die ifa-Autoren in einer Vorgängerstudie nachgewie- sen haben. Deshalb sind Produkte mit maßvoll abgesenkter Garantie auch für sicherheitsorientierte Verbrau- cher bedarfsgerecht“, erklärt Ruß. Daneben wirkt eine Optimierung des Zulagenverfahrens sicherlich positiv. Das Thema Garantien betrifft auch die bAV. Um diesen sehr wichtigen Altersvorsorgekanal zu stärken, ist es gemäß Ruß dringend geboten, die widersprüchlichen und nicht sach- gerechten Regelungen dahingehend zu modernisieren, dass insbesondere keine unangemessen hohen Garantien mehr gefordert werden. Grundsätzlich könnte der Staat auch selbst eine kapitalgedeckte Alters- vorsorge initiieren. Dies bringt laut ifa insbesondere außerhalb der ersten Säule zahlreiche Risiken und Neben- wirkungen mit sich. Daher wäre eine Art Schiedsrichter-Funktion bei Ka- pitaldeckung außerhalb der ersten Säule vernünftiger. Dies ist aber nur ein Grund, warum besser existierende privatwirtschaftlich organisierte kapi- talgedeckte Systeme gestärkt werden sollten, anstatt über die Einführung neuer Systeme nachzudenken. „Das wichtigste und in der Diskussion bisher nicht ausreichend beachtete Argument hierfür besteht darin, dass ein Alters- vorsorgesystem, in dem viele Men- schen – insbesondere in rentennah- en Jahrgängen – bereits signifikante Beträge angespart haben, ein extrem wertvolles Gut ist. Denn um diesen Zustand zu erreichen, würde ein neues System sehr viel Zeit benötigen, die wir inzwischen nicht mehr haben“, fasst Ruß abschließend zusammen.
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