BCA insider 03_2022
R U N D U M K A P I TA L A N L A G E N A S S E T S & I N V E S T M E N T S 2 3 In den USA sehen wir für dieses Jahr geringe Rezessionsrisiken. Das gibt der Fed den Spielraum, die Zinsen weiter zu erhöhen. Trotzdem wird sie die Entwicklung genau beobachten, und es ist zu erwarten, dass die Zinserhöhungen bis Ende des Jahres an Tempo verlieren werden – zum einen weil die US-Wirtschaft bis dahin an Fahrt einbüßen dürfte und zum anderen weil sich dann die ersten Effekte der restriktiveren Geld- politik bemerkbar machen sollten. Denn neben den Zinserhöhungen beginnt die US-Notenbank auch mit der Bilanzreduktion, die ebenfalls Bremseffekte für die Wirtschaft mit sich bringt. Die entscheidende Frage wird sein, ob diese Effekte ausreichen, um die Inflation bis zum Jahresende nachhaltig zu senken. Sollte das nicht der Fall sein, wird es auch nächstes Jahr weiter steigende Zinsen ge- ben – ggf. zum Preis einer Rezession. Diesseits des Atlantiks ist die Si- tuation für die EZB ungemein schwieriger, weil die Wachstumsrisiken aufgrund des Ukraine-Krieges unberechenbarer sind. Allerdings ist die Kerninflation in der Eurozone noch bei Weitem nicht so fortgeschritten wie in den USA. Das wiederum gibt der EZB etwas mehr Spielraum. Wir gehen aber davon aus, dass wir in diesem Jahr in der Eurozone den Abschied vom Negativzins sehen. Die Unsicherheit hat noch einmal belegt, dass An- leihen einen wichtigen Platz im Portfolio haben. Allerdings hat sich in den volatilen Monaten dieses Jahres auch wieder gezeigt, dass die Diversifikation zwischen Anleihen und Aktien nicht immer so funktioniert wie in den vergangenen 20 Jahren, wo wir es strukturell mit einer negativen Korrelation zu tun hatten. Wenn die Korrelationen positiver werden, bedeutet das, dass die Diversifikationseffekte nachlassen. Das bedeutet aber auch, dass man die Defensive im Portfolio nicht aus dem Auge verlieren darf und ggf. neue Wege gehen sollte. In einem solch herausfordernden Umfeld, wie es seit Jahresbeginn vor- herrscht, können flexible ertragsorientierte Multi-Asset-Strategien ihre Vorteile über die verschiedenen Anlageklassen hinweg ausspielen und es ist möglich, auch in schwierigen Märkten positive Erträge erzielen. Unseren Income-Klassiker JPMorgan Investment Funds – Global Income Fund (WKN: A0RBX2) gibt es seit gut einem Jahr auch in einer nachhal- tigen Variante – dieses Thema wird für viele Anlegerinnen und Anleger immer wichtiger, die mit ihren Investments auch etwas bewirken wollen. In den vergangenen Monaten gab es – unterstützt von der Erwartung steigender Leitzinsen sowie einer zukünftigen Reduktion der Anlei- hebestände von Zentralbanken – einen ausgeprägten Einbruch am Anleihemarkt. Manche Kurse brachen ein wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Ausgeprägte Kursbewegungen verunsichern manche Anleger, die ihr Vermögen (oder zumindest einen Teil davon) in vermeintlich „siche- re Zinspapiere“ investiert haben. Schnell stellt sich dann die Grund- satzfrage: Erfüllen Bonds noch ihren Zweck? Aus unserer Sicht schon. Denn Anleihen bieten weiterhin viele Ertrags- bausteine, mögliche Erträge lassen sich zudem leichter kalkulieren als bei anderen Anlageklassen. Vielleicht noch wichtiger: Die Renditen sind in den vergangenen Monaten schon massiv gestiegen. Mit Blick auf die Zukunft steigt so natürlich das zukünftige Ertragspotenzial für Anleger. Das bietet wieder einen Puffer für etwaige weitere Renditeanstiege, die vor allem aufgrund des weiterhin unsicheren Inflations- und Wirt- schaftsumfeldes nicht ausgeschlossen sind. Zudem wurde der Kurs- wechsel der Notenbanken bereits massiv eingepreist, obwohl sie gera- de erst begonnen haben. Es steckt also schon sehr viel Zinserwartung in den aktuellen Kursen, sodass die nunmehr wohl tatsächlich folgen den Zinsanhebungen am Ende gar keinen negativen Einfluss mehr auf die Anleihenmärkte nehmen müssen. Auch wenn wir aktuell nach wie vor eher zurückhaltend in den Anleihemärkten agieren, da vor allem bei Unternehmensanleihen zur Zeit des Schreibens dieses Beitrags noch nicht alle Risiken adäquat bepreist werden, so bietet jeder Crash auch Chancen. Wenn man geduldig bleibt und flexibel genug ist, um sich bietende Opportunitäten aktiv zu nutzen, dann bekommt man am Ende eben mehr für sein Geld. Zumindest wenn man gut abwägen kann, welcher Preis mit Blick auf die Chancen und Risiken einer Anlage angemessen ist. Und wenn man dabei nicht versucht zu „zaubern“. Wer sich bewusst für die Anlage in Anleihen entscheidet – und dafür gibt es aus Anlegersicht eben weiterhin viele gute Gründe –, muss in der heutigen Zeit mit Schwankungen rechnen und leben. Der strapa- zierte Begriff „neue Normalität“ bedeutet leider, dass die ehemals sta- bile Anlageklasse der Anleihen, die insgesamt selten bis nie über einen spürbaren Zeitraum Verluste brachte (und bringen durfte), heute auch einmal temporär Sorgen bereiten kann. Mit Augenmaß und aktiv gema- nagt werden Anleihen langfristig aber weiterhin die Aufgaben in einem gut diversifizierten Portfolio erfüllen können. EXPERTENSTATEMENT Sven Langenhan, Portfolio Director Fixed Income, Flossbach von Storch AG EXPERTENSTATEMENT Tilmann Galler, Executive Director, Kapitalmarktstratege bei JPMorgan
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