BCA insider 03_2022
R U N D U M V E R S I C H E R U N G E N S A F E T Y & P R E V E N T I O N 4 9 Ein Blick in die Branchenstatistik des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) untermau- ert die Angaben (siehe Abbildung): So sind die Kapitalan- lagen in Aktien, Beteiligungen und Immobilien der deut- schen Lebensversicherer von 15,74 Prozent Ende 2020 auf 17 Prozent Ende September 2021 gestiegen. Aktuel- lere Zahlen liegen zwar nicht vor. Dennoch lassen sie im Vergleich zu unserer Stichprobe darauf schließen, dass sich manche andere Lebensversicherer zurückhaltender in Substanzwerten engagieren. „Grüne“ Ausrichtung schreitet voran Dies könnte sich aber mit Fortschreiten des „grünen“ Transformationsprozesses ändern. Denn hier will die Branche künftig mehr Gas geben. Die ALH Gruppe hat sich nicht nur zum Ziel gesetzt, bis 2025 die Investments in Green und Sozial Bonds auszubauen, sondern auch die Investitionen in erneuerbare Energien. Diesen Bereich und Infrastruktur hebt Keßner als Zielmärkte hervor und be- tont: „Gute Renditen und Investments, die zur Nachhaltig- keit beitragen, stehen nicht im Widerspruch zueinander, sondern sind komplementär.“ Und Gründemann betont mit Blick auf die Leben-Sparte: „Mit der Neugründung der nachhaltig ausgerichteten SIGNAL IDUNA Lebens- versicherung AG haben wir Ende 2021 eine wesentliche Voraussetzung zur Neuausrichtung unserer Kapitalanlage vorgenommen.“ Mit Blick auf Investments in den nachhaltigen Umbau der Gesellschaft, den sogenannten Green Deal, wendet sich Dr. Maximilian Happacher an die Politik: Sie sollte die rechtlichen Rahmenbedingungen so anpassen, dass Ver- sicherer mehr in chancenreiche Anlagen investieren kön- nen.“ Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Deut- schen Aktuarvereinigung (DAV) meint damit sowohl eine Lockerung der strengen Vorgaben für den vollständigen Beitragserhalt bei der Riester-Rente und in Teilen der betrieblichen Altersversorgung als auch die Anpassung handels- oder aufsichtsrechtlicher Hürden für Investments in Aktien und Infrastruktur. Die sei auch erforderlich, um dem Zangengriff aus hoher Inflation und niedrigen Kapital marktzinsen zu entkommen. Keine höheren Erträge in Sicht „Ob es in dem aktuellen Anstiegsszenario wirklich zu Zins- niveaus kommt, die mit dem Begriff „Zinswende“ richtig beschrieben sind, ist aus unserer Sicht keineswegs eine be- reits ausgemachte Sache“, sagt Keßner. Vielmehr geht der Leiter Kapitalanlagen-Portfoliomanagement der VOLKS- WOHL BUND Versicherungen weiterhin von dauerhaft negativen Realzinsen aus. Der Anlageexperte weist jedoch darauf hin, dass man die Kapitalanlage in den letzten Jahren nicht nur in Richtung alternativer Anlagen weiterentwickelt habe, sondern auch die passivseitigen Risiken über ein Durations-Portfolio innerhalb des Anleihesegments besser steuern könne. Auf diese Weise lasse sich ein Matching er- reichen, das dafür sorge, dass die auf der Passivseite der Bilanz abgebildeten garantierten Verpflichtungen aus den verkauften Versicherungsverträgen mit den Laufzeiten der Papiere im Durations-Portfolio abgedeckt werden könn- ten. Keßner resümiert: „An dieser grundsätzlichen Doppel strategie halten wir fest, da sie zum risikotechnischen Gleichklang der Aktiv- und Passivseite in allen Zinspfaden und zur Stärkung der Portfoliorendite führt.“ Klar ist derzeit tatsächlich nur so viel Die amerikanische Notenbank hat bereits begonnen, der massiv gestiegenen Inflation durch eine erste kräftige Zinsanhebung Einhalt zu gebieten. Weitere sollen folgen, während sich die Europäische Zentralbank erst im Juli mit voraussichtlich kleineren Zinsschritten auf diesen Weg be- geben will. Wohin die „Zins-Reise“ am Ende führen wird, bleibt offen. Bei der Neuanlage wirken sich steigende Zin- sen positiv aus, im Anleihebestand entstehen hingegen „stille Lasten“, wobei die Abschreibungsrisiken bei einer guten Bonität der Emittenten gering sind. Sofern sich das aktuelle Zinsniveau zumindest verstetigt, dürfte aus Sicht der Branche die im Niedrigzinsniveau gebildete Zinszusatz- reserve (ZZR) ihren Höchststand erreichen. Sinkende ZZR- Anforderungen oder entsprechende Auflösungen führen nach Einschätzung des Leiters Aktien / Renten / Cash bei der ALH Gruppe dazu, dass keine weiteren Gewinne aus Bewertungsreserven hierfür realisiert werden müssen. Zu- dem können je nach Gesellschaft frei werdende Mittel zum Ausgleich von stillen Lasten genutzt werden. Justen resü- miert: „Die höheren Zinsen tragen also kurz- bis mittelfristig imWesentlichen zu einer Stabilisierung der laufenden Kapi- talerträge bei, aber nicht zu deren unmittelbarer Erhöhung.“ Kay Schelauske Freiberuflicher Finanzjournalist und Buchautor / Diplom-Volkswirt E-Mail: Kay.Schelauske@t-online.de Telefon: +49 5607 2839850 Die Kapitalanlage der Lebensversicherer (Stand 30.09. 2021) Anlageklassen (in %) Veränderung gg. 31.12.20 Renten 81,0 -1,5 Aktien 5,1 +0,5 Beteiligungen 8,1 +0,82 Immobilien 3,8 +/- 0 Sonstige Kapitalanlagen 2,0 +0,21
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