BCA insider 03_2022
8 R U N D U M L E I T T H E M E N H E A D L I N E S & I N S I G H T S Konsequenz werden die Inflationsra- ten noch über Jahre hinweg über den Zinsen liegen. Der Preis für die finan- zielle Handlungsfähigkeit der Politik: Die Kaufkraft von Vorsorgevermögen auf Sparkonten und in anderen rendi- teschwachen Produkten wird massiv schrumpfen“, so Prof. Dr. Heuser in einem Marktkommentar. Berücksichtigt man etwa, dass sich nicht nur die Konsumentenpreise für Lebensmittel, sondern ebenso die Gas- und Strompreise binnen ei- nes Jahres verdreifacht haben und in diesem Punkt ein weiterer Anstieg zu erwarten ist, muss zumindest die Frage gestellt werden, inwieweit ei- nige Endkunden die bisherigen Spar- quoten aufrechterhalten und neue Produkte abschließen können. Für viele Sparer stellt sich laut Prof. Dr. Heuser die Frage, „ob es mit der be- vorzugten Vorsorgeform überhaupt noch möglich ist, einen langfristigen Mehrwert zu erzielen. Eine eindeuti- ge Antwort gibt es nicht. Mit klugen Entscheidungen und kompetenter Beratung lässt es sich auch bei einem ausgeprägten Sicherheitsbedürfnis gewinnbringend vorsorgen. An vie- len Stellen ist auch die Politik gefragt. Ein zukunftsfähiges Konzept zur pri- vaten Altersvorsorge muss gewähr- leisten, dass sich die Menschen auch in solchen Marktlagen eigenständig absichern können.“ Erforderliche po- litische Maßnahmen müssen zügig angegangen und umgesetzt werden. Die Rente ist sicher? Offiziell hat das deutsche Alterssi- cherungssystem nach wie vor das Ziel der Lebensstandardsicherung. Welchen großen Stellenwert insbe- sondere die gesetzliche Altersvorsor- ge hat, bestätigen zahlreiche Umfra- gen zum Thema. So vertrauen noch immer viele junge und alte Menschen speziell der gesetzlichen Rentenver- sicherung. Laut aktueller MetallRen- te Jugendstudie 2022 befürworten sechs von zehn jungen Menschen die gesetzliche Rentenversicherung. Zuversichtlich äußerte sich Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales, kürzlich mit Bezug auf die Rentenerhöhung: „Heute ist ein guter Tag für Rentnerinnen und Rentner, denn ihre Renten steigen ab 1. Juli deutlich. Das zeigt: Die gesetzliche Rente ist stark und stabil. Damit das so bleibt, sind zwei Dinge wichtig. Zum einen will ich das Rentenniveau dauerhaft stabil halten. Zum anderen muss am Arbeitsmarkt alles getan werden, um die gesetzliche Rente zu festigen.“ Zur Stärkung der Rente sind durch das 2019 in Kraft getretene RV-Leis- tungsverbesserungs- und Stabilisie- rungsgesetz zwei sog. „Haltelinien“ eingeführt worden, die bis zum Jahr 2025 gelten: Das Rentenniveau darf demzufolge 48 Prozent nicht unter- schreiten und der Beitragssatz darf bei maximal 20 Prozent des Brutto- einkommens liegen. Thesen zur Zukunft der Altersvorsorge in Deutschland Doch das bisherige System hat meh- rere Problemzonen und könnte be- reits in einigen Jahren kollabieren – wenn nicht gehandelt wird! Dies zeigt die umfassende Studie „The- se zur Zukunft der Altersvorsorge in Deutschland“, erarbeitet von Prof. Dr. Jochen Ruß, PD Dr. Alexander Kling und Dr. Andreas Seyboth. Die Wissenschaftler des Instituts für Fi- nanz- und Aktuarwissenschaften (ifa) haben allgemeinverständlich die zu- künftigen Herausforderungen des Al- tersvorsorgesystems in Deutschland sowie die Wirkungsweise möglicher Reformansätze in ihrer Studie darge- stellt, die auch kostenfrei online unter https://www.ifa-ulm.de/Zukunft-Al- tersvorsorge.pdf abrufbar ist. Deutlich wird dabei: Sollte das Sys- tem nicht kurzfristig und an mehre- ren Stellschrauben umfassend und gleichzeitig angepasst werden, wird speziell der Eintritt der Babyboomer in den Ruhestand die gesetzliche Rentenversicherung insbesonde- re in den 2030er-Jahren vor gro- ße Herausforderungen stellen „Der demografische Wandel stellt die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland vor massive Heraus- forderungen. Die bisher getroffenen Maßnahmen sind nicht ausreichend, um das System auch für die Zeit nach dem Jahr 2030 stabil aufzustellen. Es ist unabdingbar, dass in der aktuellen Legislaturperiode wichtige Weichen für die Zukunft der Altersvorsorge in Deutschland gestellt werden“, er- klärt Prof. Dr. Jochen Ruß. Kurzfris- tiges Handeln ist dabei sehr wichtig. Je später reagiert wird, desto größer wird das Problem bzw. desto ein- schneidender würden mutmaßlich die Folgen der zu treffenden Maßnahmen für Beitragszahler, Rentenempfänger und Steuerzahler ausfallen. Diskussion über Anpassung der Haltelinien und des Renteneinstiegsalters muss geführt werden Laut den Studienerstellern werden eine Absenkung des Rentenniveaus unter sowie eine Erhöhung des Bei- tragssatzes über die aktuell kommu- nizierten Haltelinien nicht vermieden werden können. „Es kann lediglich versucht werden zu erreichen, dass die Veränderungen beim Rentenni- veau und beim Beitragssatz mög- lichst moderat ausfallen. Eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters – idealerweise automatisiert gekop- pelt an die Entwicklung der Lebens- Prof. Dr. Jochen Ruß, Geschäftsführer des Instituts für Finanz- und Aktuarwissenschaften, zeigt es mittels Studie „Thesen zur Zukunft der Altersvorsorge in Deutschland“ auf: „ „Die bisher getroffenen gesetzlichen Maßnahmen sind nicht ausreichend, um das Rentensystem auch für die Zeit nach dem Jahr 2030 stabil aufzustellen.“
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