inside Sonderausgabe Investment 2022
5 8 2022 Z U G U T E R L E T Z T Ein Positionspapier der BfV Bank für Vermögen AG MÄRKTE | HERAUSFORDERUNGEN | CHANCEN Die viel zitierte Zeitenwende entpuppt sich aus ökonomischer Sicht als Epochenbruch für Marktteilnehmer, dies erfordert auch ein Neudenken der Finanzberatung. Ein Bruch ist gekennzeichnet durch ein Davor und ein Danach. Das Da- vor sah lange Zeit so aus: Die Zentralbanken haben die Märkte mit billigem Geld geflutet, die Aktienkurse sind gestiegen, Anleger konnten sich freuen. Die Globalisierung hat auf der Su- che nach den günstigsten Kosten Produktionsprozesse aufgespal- tet und dadurch lange Lieferket- ten entstehen lassen. Die Folge sind niedrige Produktionskosten und damit günstige Produkte. Die Energiepartnerschaft mit Russland hat Deutschland mas- senhaft fossile Energie gebracht, Haushalte und Wirtschaft mit bil- liger Energie versorgt. Inflation, Klimawandel und Krieg bre- chen jetzt alte Gewissheiten und die altbekannte Bahn. Das neue Normal wird in absehbarer Zukunft höhere Zinsen bringen, EZB und Fed haben entsprechende Schritte, wenn auch in unterschiedlichen Geschwindigkei- ten, eingeleitet. Demzufolge wird es schwieriger, an den Kapitalmärkten Rendite zu erwirtschaften. Die Corona- krise hat die Schattenseite langer Lie- ferketten in einer globalisierten Welt ans Licht gebracht; sie wird die Glo- balisierung nicht zurückdrehen, aber als ein verzögerndes Moment wirken. Die sich abzeichnende multipolare Weltordnung wird im Übrigen auch eher kein Wachstumsmotor. Die Um- stellung von fossilen Brennstoffen auf kohlenstofffreie und erneuerbare Energiequellen ist zunächst ein dop- pelter Preistreiber, denn einerseits soll fossile Energie verteuert werden, um den Umstieg auf erneuerbare zu forcieren, andererseits muss die nicht fossile Infrastruktur teils noch entwickelt, teils noch implementiert werden. Beides kostet Geld. Das gilt sowohl für die Industrie als auch die privaten Haushalte, Stichwort Wär- mepumpen und Solarzellen. Hinzu kommt der Wirtschaftskrieg mit dem ehemaligen Energiepartner Russ- land, der Rohstoffpreise förmlich ex- plodieren lässt. Gegen die Seuche der Inflation hel- fen weder Impfung noch Maske. Die Symptome reichen von Wohlstands- verlust bis Armut – ein ökonomischer Biontech-Effekt ist nicht in Sicht. Was jetzt zu tun ist: Thesen und Positionen 1. Aktives Management der Kapital- anlage wird wichtiger. Solange die Schleusen der Zentralbanken weit of- fen standen, spülten sie eine Flutwel- le von Höchstständen an die Märk- te. Davon haben auch die passiven Indexfonds massiv profitiert. Es gibt gute Gründe, davon auszugehen, dass aktives Management und Stock Picking in der Lage sein werden, den Markt regelmäßig zu schlagen. Damit verlieren ETFs nicht ihre Berechti- gung, büßen aber vielleicht ein Stück ihres Hypes ein. Gerade jetzt scheint es angezeigt, Diversifikation nicht nur als Streuung innerhalb von Asset- Klassen zu verstehen, sondern auch über Investmentstrategien und -vehi- kel zu diversifizieren. 2. ESG-Profiling ist mehr als nur eine Vorschrift. Die ESG-Profilie- rung von Kunden ist für Berater nach § 34f GewO zunächst nicht verbindlich – und dennoch eine gro- ße Chance, sich gegenüber dem Kunden zu positionieren. Denn ob- wohl Nachhaltigkeit als Dauerthe- ma seit Jahren über allem schwebt, hat sich bislang außerhalb von Unternehmensführung, Politik und Presse kaum jemand ernsthaft mit den verschiedenen ESG-Facetten beschäftigt. Finanzberater können somit zum Vorreiter für ihre Kunden werden, in die Thematik einfüh- ren und ESG-Profile erstellen. Das ist einerseits ein guter Gesprächs- anlass, andererseits die Möglichkeit, das Portfolio gemäß Profilierung zu reallokieren oder allgemein über die finanzielle Aufstellung zu sprechen, siehe Punkt 1. 3. Effizienz in der Beratung ist ein Muss. Je komplexer die Beratung aufgrund von Kapitalmarktbedin- gungen, Regulierung und Kunden- bedürfnissen wird, desto einfacher müssen die technische Abwicklung und die Basisprozesse sein. Nur wer als Berater auf Basis einer sauberen technischen Infrastruktur mit stabi- len Prozessen und offenen Schnitt- stellen – also weitgehend automati- siert und digital – arbeitet, hat genug Freiraum für Neukundenakquise und Bestandsberatung. 4. Ein Haftungsdach stützt die um- fassende und effiziente Beratung . Dass das BaFin-Regime für Berater nach § 34f GewO zunächst nicht kommt, ändert nichts an den guten Gründen für eine Haftungsdachpart- nerschaft; besonders auch für Markt- teilnehmer mit eigener KWG-Lizenz. Sie lauten: Kosteneffizienz (externe Kosten (z. B. Wirtschaftsprüfer) und interne Ressourcen), vollständige Haftungssicherheit – Peace of Mind im laufenden Betrieb plus Vorteile im Hinblick auf die Bestandsveräu- ßerung für den Ruhestand –; eben- falls ein wichtiges Argument für die Haftungsdachpartnerschaft ist das erweiterte Angebotsportfolio. So können zum Beispiel auch Aktien
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MTA1Mzk2Nw==