insider 01/22
Was führt zur Inflation? 1. Geldmengenerweiterung: Seit Jahren kaufen Zentralban- ken massiv Anleihen auf. Somit war es eine Frage der Zeit, bis die Preise stark steigen. Denn genau das suggeriert die „Quantitätstheorie des Geldes“: Je stärker die Geldmenge in Relation zur Gütermenge wächst, desto stärker steigen die Preise. So weit, so richtig. Oder doch nicht? In der Theorie ist dieser Zusammenhang langfristig eindeutig gegeben. Kurz- und mittelfristig hingegen versagt dieser Ansatz. Denn die Geldmenge wird nicht nur durch die Zentralbank gesteuert, sondern auch der Privatsektor „schafft“ einen signifikanten Teil. Das macht es fast unmöglich, die genaue Geldmenge überhaupt zu bestimmen – und damit den kurzfristigen Zu- sammenhang zwischen Geldmenge und Inflation. 2. Kapazitätsauslastung und Lieferkettenproblem: Einen kurzfristig deutlich besseren Erklärungsgrad liefert die Ka- pazitätsauslastung in einer Volkswirtschaft. Sind Produkti- onsstätten voll ausgelastet, dann werden die Preise bei stei- gender Nachfrage in die Höhe gehen. Aktuell haben wir es zwar nicht direkt mit Kapazitätsauslastun- gen zu tun, sondern mit Störungen in den Lieferketten, die aber zu gleichen Effekten führen. Stehen Fab- rikbänder aufgrund fehlender Teile still, so übt das unmit- telbar Druck auf die Preise aus, da Produ- zenten bei verknapp- tem Angebot und 28 Die Inflationsrate in Deutschland − gemessen als Verände- rung des Verbraucherpreisindex (VPI) zum Vorjahresmonat – lag im November 2021 bei 5,2 Prozent. „Damit ist die In- flationsrate zum sechsten Mal in Folge gestiegen und hat im November den bisher höchsten Wert im Jahr 2021 erreicht“, wird Dr. Georg Thiel , Präsident des Statistischen Bundesam- tes, in der Pressemeldung vom 10. Dezember 2021 zitiert. Dr. Thiel weiter: „Eine höhere Inflationsrate gab es zuletzt vor fast 30 Jahren. Im Juni 1992 hatte die Inflationsrate bei 5,8 Pro- zent gelegen.“ Entsprechend verändert haben sich auch die Verbraucherpreisindizes (siehe Infografik). Gepaart mit dem aktuellen Zinsniveau von null ergibt das eine explosive Kons- tellation. Die EZB ver- sucht zu beruhigen und verweist darauf, dass es sich hierbei nur um kurzfristige Grenzüberschreitun- gen handelt. Doch so eindeutig ist der Sachverhalt nicht. Gerade die jüngere Generation ist mit dieser Situation über- fordert. Sie muss erst lernen, dass es reale Geldentwertung gibt, und nach Lösungen suchen. © rosinka79 - stock.adobe.com Aktuell messen wir die höchste Inflation sein knapp 30 Jahren. Mit über 5 Prozent liegt der Wert besorgniserregend hoch. Die EZB wiegelt ab und hält das für ein vorübergehendes Phänomen. Tatsächlich spricht vieles für eine Normalisierung im Jahr 2022. Die Lieferkettenproblematik bspw. sollte kommendes Jahr gelöst werden. Doch die Gefahren bleiben.
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