insider 01/22

39 sicherungsprodukte die Zukunft im On- line-Vertragsabschluss zusammen mit dem Vermittler. Die Vertriebspartner des VOLKSWOHL BUND können auch online für ihre Kunden abschließen. Für die Bayerische bietet Nettowelt bereits heute eine komplett digitale Antrags- strecke. Einen reinen Online-Abschluss ohne Vermittler auf Honorarbasis plane man aber nicht. Bei der Continentale und der WWK, die ab 2022 nicht aus- schließlich auf den Netto-Riester set- zen, sieht man ebenfalls begrenztes Po- tenzial für den reinen Online-Abschluss ohne Vermittler. Beide Häuser meinen aber, dass der Vertrieb in seinen Ar- beitsmethoden effizienter werdenmuss. Die WWK nennt den elektronischen Antrag, die elektronische Signatur und die sogenannte Dunkelverarbeitung als Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung. Natürlich, so die Continentale, müssten Vermittler weiter auskömmlich arbeiten können und angemessen für ihre Bera- tungsleistung vergütet werden. Dafür müssten Lebensversicherer bereit sein, ihre Kalkulation bei Riester anzupassen, zum Beispiel bei den Kosten für Verwal- tung, Abschluss oder Bestandspflege. Hofmeier hält Riester auch ab 2022 für einen wichtigen Baustein im Repertoire der Vermittler, um eine objektive Kun- denberatung zu gewährleisten. Damit Kosten und Ertrag in Einklang blieben, würden aber Vermittler ihre Arbeitswei- se gegebenenfalls anpassen müssen. So gebe es neue, hybride Wege in der Beratung, die den Vertrieb effizien- ter machen. Der Vermittler könne zum Beispiel Zeit und Kosten sparen, wenn er den Kunden über Videochat berate, statt mit dem Auto hinzufahren. Die Beratungsqualität oder der persönliche Kundenkontakt leide dann trotzdem nicht. „So wird auch die Riester-Rente im neuen Umfeld (…) ihre Erfolgsge- schichte fortschreiben können“, hofft Hofmeier. Die Zukunft der Riester-Rente hängt wie bei allen Produkten davon ab, ob sich Käufer finden. Ein Stück weit weicht die bisherige Zielgruppe der Netto- bzw. Honorartarife von der von Riester ab. Sattler bestätigt, dass als Zielgruppe für Nettopolicen Selbststän- dige und gut verdienende Angestellte im Fokus stehen. Sie seien es auch aus anderen Bereichen gewohnt, Hono- rare zu zahlen, beispielsweise an den Steuerberater. Auch verzeichne die Alte Leipziger im Nettobereich einen we- sentlich höheren laufenden Beitrag als in den Bruttotarifen. Die Bayerische und der VOLKSWOHL BUND heben darauf ab, dass Riester ungeachtet des Netto- tarifs weiterhin eine gute und günstige Möglichkeit für eine zusätzliche private Altersvorsorge sei. Der Bedarf dafür sei sehr hoch. Auch laut Heß von der WWK ist die Riester-Rente in ihrer heutigen Form weiterhin eine attraktive Altersversor- gung für förderfähige Personengrup- pen. Die für den Kunden entscheiden- de Förderrendite liege bei modernen, hybriden Fondstarifen deutlich über der Verzinsung von reinen konservati- ven Sparprodukten. Continentale, WWK und VOLKSWOHL BUND nennen jun- ge Leute, Familien mit Kindern und Menschen mit geringerem Einkommen. Hofmeier und Szydlak sehen Riester hier als idealen Einstieg in die Alters- vorsorge: Man könne mit wenig Eigen- aufwand effizient vorsorgen. Bereits bei niedrigen Beiträgen seien hohe Zulagen möglich. Diese Zulagen und eventuelle Steuerersparnisse ermöglichten einer breiten Zielgruppe die private Alters- vorsorge erst. Daher sei Riester beson- ders gut geeignet, um Altersarmut zu bekämpfen, und eine wichtige Stütze bei der Altersvorsorge. „Interessant sind darüber hinaus Anbieterwechsel von Gesellschaften, die sich vom Riester- Markt verabschiedet haben“, benennt Heß eine weitere Zielgruppe. Szydlak bestätigt: „Auf- grund der Rech- nungsz i nssen- kung haben sich viele Mitbewer- ber aus diesem Segment zurück- gezogen.“ Versicherer wollen Zukunft für Riester „Riester darf nicht sterben“, sagt Gräfer und bringt damit die Sicht der Versicherer auf den Punkt. Sie sehen die Po- litik in der Pflicht. Die Alte Leipziger bietet nur noch Nettotarife an, „da es von der Politik versäumt wurde, das Produkt an die veränderten Rahmen- bedingungen – z. B. die Absenkung des Rechnungszinses – anzupassen, etwa durch die Flexibilisierung der Garantien mit einer Abkehr von der bisher obligatorischen 100-Prozent- Beitragsgarantie und der Vereinfa- chung des Zulagenverfahrens (…)“, so Sattler. „Dieses gesetzlich geforderte Garantieniveau von 100 Prozent ist (…) im bisherigen Rahmen für das Neuge- schäft auf Sicht nicht mehr darstellbar und mit Blick auf eine zeitgemäße Ba- lance zwischen Renditechancen und Sicherheit auch nicht mehr sinnvoll“, bekräftigt Billinger. Die Bayerische fordert, die Garan- tievorgaben abzuschaffen oder zu- mindest zu senken. Laut Continen- tale profitiert der Kunde deutlich von schlankeren Garantien in der Anspar- phase. Die WWK will die Senkung auf 80 Prozent, wobei Heß es auch für möglich hält, dass die Ampel das Ende von Riester beschließt. Die Entbürokra- tisierung der Zulagenverwaltung wird ebenfalls einhellig gefordert. Noch sei es nicht zu spät für eine Riester-Re- form, „mit der diese sehr gute private Altersvorsorge von ihren strengen Ga- rantievorgaben befreit werden könnte und dadurch neuen Schub aufnehmen würde“, so Szydlak. << © A. Hartung - stock.adobe.com

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