insider Sonderheft Invest 2023

1 9 D P A M M A R K E T I N G I N F O R M A T I O N Schwellenländer und Frontier Markets AUF DER SUCHE NACH „ROHDIAMANTEN“ MIT AKTIVEM RESEARCH Das Klima an den Finanzmärkten wird rauer. An den aufstrebenden Märkten aber ergeben sich für aktive AssetManager neue und attraktive Gelegenheiten. Schwellenländeranleihen bieten eine einzigartige Mischung aus Diversifikationsvorteilen, attraktiven Carrys und hohem Renditepotenzial. Sie eröffnen den Zugang zu einem ganzen Anlageuniversum, das weitgehend nicht mit dem der entwickelten Märkte synchronisiert ist. Ein Beitrag von Michael Vander Elst, Co-Manager Emerging Market Debt Strategie, DPAM. Viele Staaten sind nicht in Benchmark-Indizes für Schwellenländer und Frontier Markets enthalten. Dies kann die Diversifizierungsvorteile dieser Indizes stark einschränken. Bei einem aktiven Ansatz sollte man sich daher nicht nur auf die größten Schwellenländer beschränken, sondern auch die sog. Frontier-Märkte miteinbeziehen. Diese sind definiert als Volkswirtschaften in einem sehr frühen Entwicklungsstadium. Auf Euro oder US-Dollar lautende Anleihen von Frontier Markets können derzeit Renditen von zehn Prozent und mehr erzielen, in Lokalwährungen teilweise das Doppelte. Zudem trägt ein Investment in Frontier Markets zur Risikodiversifizierung des Portfolios bei. Anleger sollten sich jedoch bewusst sein, dass diese Märkte Liquiditätsprobleme haben können. Sie verfügen oft nicht über die institutionelle Stärke und finanzielle Infrastruktur etablierterer Volkswirtschaften. Oftmals fehlt ein robuster Bankensektor oder gut etablierte institutionelle Pensionsfonds. Ein aktives Management spielt eine wichtige Rolle bei der Bewältigung solcher Herausforderungen. Frontier-Märkte werden von Analysten oft nicht ausreichend berücksichtigt oder völlig übersehen, so dass es den Anlegern an verfügbaren Informationen mangelt. Infolgedessen können zwei Länder mit demselben Kreditrating auf dem Papier in der Realität sehr unterschiedliche Risikoprofile aufweisen. Um diese Nuancen zu durchdringen, müssen Anleger und Analysten gründliche Nachforschungen anstellen, am besten vor Ort und aus erster Hand. Der „Boots on the Ground“-Ansatz bringt einen Informationsvorsprung und kann Anlegern helfen, den Wert ihres Portfolios an Schwellenländeranleihen zu steigern. Attraktive Anlageklasse in unruhigen Zeiten Die Zentralbanken der Schwellenländer haben mit ihren Straffungsmaßnahmen zum Teil deutlich früher begonnen als die der Industrieländer. Viele von ihnen – vor allem in Lateinamerika – dürften die Zinssätze auf den kommenden Sitzungen lockern; Costa Rica und Uruguay haben die Zinsen bereits gesenkt. Im Gegensatz dazu ist es unwahrscheinlich, dass die Zentralbanken der Industrieländer kurzfristig ihre Geldpolitik lockern werden. Die Spreads sind im historischen Vergleich hoch; viele Schwellenländer bieten zweistellige Renditen. Ausländische Investoren sind an diesen Märkten so wenig engagiert wie seit Langem nicht. Zusammen mit dem potenziellen Rückenwind durch eine weitere DollarAbschwächung und die Wiederbelebung der chinesischen Wirtschaft werden diese Faktoren zu einem starken Jahr für Schwellenländeranleihen beitragen. Mögliche Risiken, die vor allem mit der globalen Anlegerstimmung zusammenhängen, scheinen nach den Schocks von 2022 nachzulassen. In den Frontier-Ländern hat die Analyse von Abwärtsrisiken und politischen Rahmenbedingungen oberste Priorität. So ist Ecuador als Ölexporteur mit einer auf den US-Dollar ausgerichteten Wirtschaft gut aufgestellt, aber die gesellschaftlichen Unruhen destabilisieren das Land. Hingegen weist Nigeria eine geringe Verschuldung und ein günstiges Tilgungsprofil auf, sodass die hohen Renditen seiner Eurobonds trotz der tiefgreifenden wirtschaftlichen und politischen Probleme des Landes eine Überlegung wert sind. Auch mit Anleihen aus notleidenden und sogar ausgefallenen Staatsanleihen lassen sich positive Renditen erzielen, wenn die Bewertung solcher Anleihen den Restrukturierungsbedarf des Landes über- und somit ihren inneren Wert unterschätzt.

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