insider_02_2022
20 „Der Ukrainekrieg lässt den Ölpreis schwanken“, titelte das Handelsblatt am 16. März 2022 Die Autoren gehen der Frage nach, wie hoch der Ölpreis noch steigen kann. Eine berechtigte Frage. Vor zwei Jahren, kurz nach dem Ausbruch der Pande - mie, waren die Vorzeichen noch andere. Damals notierte Brent Oil bei unter 20 US-Dollar je Barrel. Kaum zu glauben, dass wir 2022 Notierungen von mehr als 100 US-Dollar sehen. Der im März noch tobende Ukraine-Krieg hat den zuvor bereits gestiegenen Rohstoffpreisen noch einmal einen Schub verliehen. Erhöhte Nachfrage trifft auf ein verknapptes Angebot. Ob sich die Nachfrage infolge steigender Inflationsraten und schwächelnder Wirtschaft mittelfristig vermindert, bleibt abzuwarten. Manche Rohstoffpreise könnten dann wieder in den Rückwärtsgang schalten. Doch für ernsthafte Prognosen in diese Richtung ist es angesichts des geopolitischen Umfelds etwas verfrüht. Einstweilen könnte die Rohstoff-Rallye weiter anhalten. Krieg lässt Preise weiter klettern Die grausame kriegerische Auseinandersetzung in der Ukra - ine befeuert die Preisrallye bei den Rohstoffen. Fakt ist: Stei - gende Notierungen gab es auch schon vorher. Insbesondere in den vergangenen zwölf Monaten hat sich vor allem der Ölpreis rasant entwickelt, was sich dann auf den gesamten Energiekomplex übertragen hat. Aurèle Storno , Chief In - vestment Officer Multi Asset bei Lombard Odier Investment Managers (LOIM), hat jüngst in einem Marktkommentar unter Zugrundelegung eines Bewertungsindikators (Produktions - kosten, industrielle Nachfrage nach Öl und Ölvorräte) einen „fairen“ Preis von etwas mehr als 60 US-Dollar beschrieben. Da lag der Ölpreis zuletzt vor exakt einem Jahr. Heißt das nun im Umkehrschluss, dass die Rohstoff-Rallye/ Energiepreis-Rallye ein baldiges Ende hat? Fondsmanager und Rohstoffexperte Daniel Rauch von der LBBW AM sagt: „Es ist zweifellos richtig, dass ein Aufschwung am Rohstoff - markt lang anhalten kann, weil das Angebot bei vielen Roh - stoffen auch in Zeiten der Knappheit oftmals nur langsam ausgeweitet wird. Das führt zu Engpässen und letztendlich zu steigenden Notierungen. Durch den Krieg in der Ukraine erleben wir jedoch bei verschiedenen Rohstoffen eine rasche und heftige Verschärfung der ohnehin angespannten Ange - botssituation. Die Einschätzung für die kommenden Monate hängt somit vor allem von der weiteren Entwicklung in der Ukraine ab.“ Zur Illustration: Russland und Ukraine sind weltweit wichtige Exportnationen für Öl, Gas und zahlreiche Agrarerzeugnisse. Die Preise für diese Rohstoffe haben seit Kriegsausbruch zeit - weise unglaublich zugelegt, da die aus dem Konflikt entste - hende Produktionslücke durch andere Rohstoff-Staaten nicht aufgefangen werden kann. Der Weizenpreis lag vor Kriegs - ausbruch bei ca. 300 US-Dollar und stieg in der Spitze auf 450 US-Dollar. Trotz zuletzt etwas sinkender Rohstoffpreise steht zu befürchten, dass der anhaltende Krieg die Preise au - ßergewöhnlich hoch schieben wird. Dies könnte langfristig das Wirtschaftswachstum dämpfen und die Inflationsrate erhöhen. Preisanstiege sind nicht monokausal Doch welche Faktoren könnten die Verteuerung bei Rohstof - fen zudem anheizen? David Wehner , Senior Portfoliomana - ger bei DO Investments, weist in diesem Zusammenhang auf folgende Aspekte hin: „Die Zero-Covid-Strategie in Chi - na kann zu weiteren Lieferengpässen führen. Zudem stört der Russland-Ukraine-Konflikt die Lieferkette auf der chine - sischen Seidenstraße. Aber auch im Agrarbereich könnten klimabedingte Ernteausfälle in anderen Regionen die Eng - pässe erhöhen.“ Letztlich, so Wehner, würde eine weitere Eskalation des Konflikts mit Russland und eine Aussetzung
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